1868 -
Berlin
: Nicolai
- Autor: Gohr, Robert
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Der Streit Heinrichs mit den Sachsen kam ihm gerade
recht. Er befahl dem Kaiser, binnen 60 Tagen nach Rom zu
kommen und sich zu verantworten. Darauf setzte er ihn ab,
that ihn in den Bann und befahl den deutschen Fürsten, einen
anderen Kaiser zu wählen.
4. Ueber diese Anmaßung des Papstes war Heinrich außer
sich vor Zorn. Nun kam es aber darauf an, was die Fürsten
thun würden. Diese verließen ihren Kaiser, und so mußte
Heinrich sich demüthigen. Im Winter schlich er sich in Be-
gleitung seiner treuen Gemahlin Bertha, die er oft gekränkt
hatte, über die Alpen, wo ihm noch obenein seine Feinde
auflauerten.
5. Als der Papst von der Ankunft des Kaisers hörte,
floh er, weil er glaubte, Heinrich komme mit einem Heere, um
ihn zu strafen. Als er aber vernimmt, jener komme als ein
Büßender, läßt der übermüthige Papst den Kaiser
barfuß drei Tage im Hofe des Schlosses Kanossa
1077 im Bußgewande stehen. Dann muß er fußfällig
vor ihm erscheinen.
6. Diese Kränkung erweckte den Mannesmuth des Kaisers
wieder. Er kehrte nach Deutschland zurück, wo seine Feinde
den Herzog Rudolf von Schwaben zum Gegenkaiser gewählt
hatten. Die Treuen im Lande schaarten sich um den Kaiser.
Rudolf wurde besiegt und getödtet. Dann zog Heinrich nach
Rom und vertrieb Gregor Vii., welcher floh und bald
darauf starb.
Dennoch hatte der nun alt gewordene Kaiser keine Ruhe.
Sein eigner Sohn empörte sich und nahm den Vater gefangen.
Er kam zwar los aber überlebte diesen Schmerz nicht lange.
Von allen verlassen, starb er in größter Dürftigkeit. Aber
weil er im Banne gestorben war, gaben die Päpste erst nach
5 Jahren seine Beerdigung zu.
Hätte er sich die Liebe seines Volkes zu erhalten gewußt,
dann wäre auch seine Kaisermacht unerschüttert geblieben.
I. Der *Bann, mit welchem der Papst feine Mitmenschen belegte, war
eine gräßliche Strafe. Ein Gebannter hatte keine Menschenrechte mehr.
Niemand durfte ihm ein Obdach gewähren oder mit ihm umgehen. Er
durfte kein Gotteshaus besuchen. Fiel er in Krankheit, so mußte er elen-
diglich umkommen, weil ihm kein Arzt beistehen durfte. Und wenn er
starb, durfte er nicht begraben werden.