1829 -
Leipzig
: Cnobloch
- Autor: Rockstroh, Heinrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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Verwandten um sich und erzählte in aller Gegen-
wart, welche Schande ihr vcm Sextus Tarqui-
nius, des Königs Tarquinius Sohn, widerfahren
sei. Dann zog sie einen Dolch, den sie unter
ihrem Gewände verborgen hatte, hervor und stieß
sich denselben in die Brust. — Unter der An-
wesenden befand sich -auch Iunius Brutus, des-
sen Vater Tarquinius auch hatte hinrichten las-
sen. Dieser Iunius Brutus zog den von Blut
triefenden Dolch aus der Brust, hielt ihn hoch,
und schwur mit den Worten: „Seid Zeugen, ihr
höheren Machte, wie ich mich von diesem Augen-
blick an zu Lukretiens Racher erkläre und für
einen Feind des Tarquinius und seiner Familie.
Mein noch übriges ganzes Leben soll der Vertilgung
der Tyrannei und der Wiederherstellung der Frei-
heit Roms gewidmet seyn!" — Die entseelte
Lukretia wurde sodann auf die Straße getragen,
damit sie vom Volke gesehen würde. Dieses.gerieth
bei dem schaudernden Anblick in Wuth, rannte
nach Rom und versetzte hier Alles in Wuth, so
daß, ehe noch Tarquinius dahin zurückkehren konnte,
man ihm schon die Thore versperret, und gegen ihn
den Beschluß gefaßt hatte: „alle Tarquinii seyen
auf ewig aus Rom verbannt, und Tod jedem, der
es wagt, für sie zu bitten; auf immer sei die kö-
nigliche Würde abgeschafft!" Tarquinius mußte
also wieder umkehren, und er eilte, um gewiffe
Maaßregeln zutreffen, in sein Lager; aber Brutus