1880 -
Stuttgart
: Heitz
- Autor: Kurts, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 16
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule, Privatunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Tullus Hostilius. 93
hinaus, das sonst immer geschlossen war und nur bei dieser Gelegenheit geöffnet wurde. Hier war ein tiefes Grab gegraben. Tief verschleiert stieg die Schuldige mit dem Oberpriester auf einer Leiter hinab; unten fand sie ein Brot, einen Krug mit Wasser und eine Lampe. Sobald der Oberpriester wieder oben war,
schüttete man das Grab zu*).
Der dritte König war Tullus Hostilius, ein kriegerischer König, wie Romulus. Es that auch Noth, daß ein solcher die Römer anführte; denn kaum war er König, so gab es wieder einen Krieg. Die Mauer, Einwohner von Alba longa, zogen heran, Rom zu bekriegen. Beide Heere lagen schon gerüstet einander gegenüber, als man auf den Einfall kam, den Streit lieber durch einen Zweikampf zu entscheiden, als so vieles Blut zu vergießen. Zufällig fand sich in jedem Heere ein Drillingspaar; die römischen Drillinge hießen die Horatier, die albanischen die
Cnriatier. Beide Heere lagerten sich, um gemächlich dem Kampfe zusehen zu können, und die Kämpfer traten auf. Aber ach! die Römer verloren bald alle Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang; denn einer der Horatier fiel und bald fiel auch der andere. Schon frohlockten laut die Albaner; die Cnriatier lebten noch alle drei. Aber sie waren verwundet, der eine schwerer als der andere; der Römer stand noch unverwundet da. Die Albaner brachen in ein lautes Freudengeschrei ans, als dieser allein noch übrige Horatier
die Flucht ergriff. Aber diese Flucht war nur eine Kriegslist;
denn als er sah, daß ihm seine drei Feinde, je nachdem es .ihre Wunden erlaubten, in getrennten Zwischenräumen gefolgt waren, drehte er sich rasch um, stürzte auf den ersten los, töbtete ihn und wurde auch bald der beiden andern Herr. Da verstummten bestürzt die Albaner; die Römer jauchzten als Sieger. Der Horatier zog den Getödteten die Rüstungen aus und ließ diese vor sich her in die Stadt tragen, wohin sich der ganze Triumphzug in Bewegung setzte. Aber als man an das Thor kam, begegnete die Schwester dem Sieger. Der eine der getödteten Cnriatier war ihr Verlobter gewesen; jetzt erkannte sie unter den vorgetragenen Siegeszeichen das Kleid ihres Bräutigams, das sie selbst einst gewebt hatte. Da ergriff sie ein wilder Schmerz; sie zerraufte sich das Haar und nannte laut mit Verwünschungen ihren Bruder den Mörder ihres Geliebten. Ergrimmt über das Betragen der eigenen
*) S. Mythologie S. 76.