1837 -
Elberfeld
: Büschler
- Autor: Kohlrausch, Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Elementarschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Karl und Moritz.
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selbst begab sich nach Jnspruck in Lyrol, um dem Concilio nahe
zu seyn, welches der neue Papst Julius Ii. wieder nach Trient
verlegt hatte.
Eine ängstliche Erwartung herrschte unter den Evangelischen
in Deutschland. Magdeburgs Beispiel zeigte ihnen, daß der Kaiser
entschlossen sey, gegen diejenigen, welche seine Anordnungen in Re-
ligionssachen nicht befolgen würden, Gewalt zu gebrauchen. Man
fürchtete, daß er nur den Schluß des Tridentiner Conciliums er-
warte, um dessen Beschlüsse anstatt des Interims mit voller Strenge
zur Ausführung zu bringen. Alle blickten auf den Churfürsten Moritz,
als den Einzigen, der Macht und Klugheit genug habe, den evange-
lischen Glauben zu retten; und so war jetzt für ihn der Augenblick
gekommen, die gute Meinung seiner Glaubensgenossen, die er durch
sein Benehmen zur Zeit des schmalkaldischen Krieges verloren hatte,
wieder zu gewinnen. Moritz war ein junger, kraftvoller Mann, erst
30 Jahre alt, kühn und schlau, wie Karl V. selbst. Dieser, der sonst
die Deutschen nicht besonders achtete, hatte eine große Meinung von
dem jungen Fürsten und schätzte ihn vor allen andern hoch. Wir
haben auch gesehen, wie Moritz sich zu ihm gehalten und ihm wesent-
liche Dienste geleistet hatte. Allein von dem Augenblicke, da Karl
seinen Schwiegervater, den Landgrafen Philipp, widerrechtlicher Weise,
und trotz des von Moritz an Philipp gegebenen Ehrenwortes, in
der Gefangenschaft hielt, hatte er sein Gemüth vom Kaiser abgewen-
det und glaubte auch das Recht zu haben, den ersten günstigen Au-
genblick für des Landgrafen Befreiung und seiner Glaubensgenossen
Rettung benutzen zu dürfen. In den Zeiten so heftigen Streites
gebiert gewöhnlich eine Ungerechtigkeit die andere, und nur wenige
Menschen wissen die gerade Bahn ganz genau zu bewahren. Moritz
benutzte den kaiserlichen Auftrag der Achtsvollstreckung gegen Magde-
burg, um sich ein ansehnliches Heer zu sammeln, und als er sich
stark genug glaubte, schloß er Frieden mit der Stadt und brack-
plötzlich mit seinem Heere nach dem südlichen Deutschland auf. Der-
selbe Markgraf Albrecht von Brandenburg Kulmbach, der in dem
schmalkaldischen Kriege auf des Kaisers Seite gewesen war, zog jetzt
ebenfalls mit Moritz gegen ihn. Sie erließen eine Erklärung, worin
sie sich über die fortdauernde Gefangenschaft des Landgrafen und
über Karls Eingriffe in die Freiheit Deutschlands beschwerten. „Er
habe fremdes Kriegsvolk in das Reich geführt, die Reichssiegel frem-
den Personen anvertraut, die weder mit der Sprache noch mit
dem Rechte in Deutschland bekannt wären, und so sey es dahin
gekommen, daß die Deutschen fremde Sprachen lernen müßten,
um nur ein Anliegen an ihren Kaiser zu bringen. Ueberhaupt sey
sein Trachten nur darauf gerichtet, Allen eine schändliche Knecht-
schaft aufzubürden."
Unter diesen Beschuldigungen waren zwar manche übertrieben,
allein die Hauptsache war gegründet, daß nämlich Karl viele Punkte
seines Wahlvertrages nicht gehalten, und besonders, daß er die Deut-
schen seinen Spaniern und Niederländern nachgesetzt, ja sogar sie oft