1837 -
Elberfeld
: Büschler
- Autor: Kohlrausch, Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Elementarschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
216 111* Zeklr. Die neuere Zeit, von dev Reformation bis jetzt.
wurden von den Preußen zurückgeworfen und jagten noch einmal vorüber. Nie-
mand war bei ihm, als sein treuer Begleiter, der Major Graf Nostiz, dieser rief
sogleich Hülfe herbei, brachte mit Mühe den Feldherrn unter dem tobten Pferde
hervor und führte ihn auf einem Dragonerpferde glücklich zu den Seinigen. An
diesem Augenblicke hing das Schicksal des ganzen Heeres, ja vieler Völker. Denn
wenn der verehrte Feldherr umkam oder gefangen wurde, wer konnte das Heer
in Ordnung zurückführen, wer seinen Muth so erhalten, daß es am zweiten Tage
darnach schon wieder zu einer großen Schlacht ausrücken konnte? — Blücher ver-
mochte es, unter seiner Leitung zog sich das Heer in der besten Ordnung zurück;
alle Angriffe der französischen Reuter konnten das tapfere Fußvolk nicht aus der
Fassung bringen und Napoleon wagte cs nicht, die Verfolgung weiter als eine
halbe Stunde vom Schlachtfelde fortzusetzen. Indeß glaubte er doch die Preußen
durch die verlorene Schlacht so muthlos gemacht, daß sie nur eiligst den Rückzug
nach dem Rheine suchen würden, und schickte ihnen den Marschall Grouchy mit
dem stolzen Befehle nach: „die Feinde in den Rhein zu stürzen!" Er selbst wollte
nun den englischen Feldherrn mit seiner Hauptmacht angreifen.
Seine Rechnung war jedoch falsch angelegt. Die Preußen hatten keines-
weges die Absicht, an den Rhein zurückzuziehen; der alte Feldherr zog sich nur
so weit zurück, als nöthig war, um dem englischen Heere wieder näher zu kom-
men, und als Wellington ihn in der Nacht auf den 18. Juni fragen ließ, ob er
ihm zwei Abtheilungen seines Heeres zu Hülfe schicken könne, wenn Napoleon ihn
angreife, antwortete er: nicht mit zwei Abtheilungen, sondern mit seinem ganzen
Heere wolle er kommen. Dann legte er sich wieder nieder und schlief; und am
Morgen früh, als der Regen vom Himmel strömte, sprach er heiter: „Siehe da,
unsere Alliirten von der Katzbach!" Dann gab er seine Befehle,zum Aufbruch,
um den Franzosen in die rechte Flanke zu marschiren.
Die Schlacht bei Belle-Alliance oder Waterloo, 18. Juni. —
Wellington hatte seine Stellung vier Stunden südwärts von der großen Stadt
Brüssel, auf den Hügeln von Mont St. Jean genommen, hinten sich den großen
Soigner Wald. Napoleon dagegen nahm seinen Standpunkt auf einer Höhe bei
der Maierei La belle Alliance, von wo er das ganze Schlachtfeld übersehen , konnte.
Er war froh, als er die Engländer auf ihren Hügeln in Schlachtordnung er-
blickte, denn er hoffte ganz fest, sie zu schlagen und seinen unversöhnlichen Haß
gegen sie in ihrem Blute zu kühlen. Sobald der Regen etwas nachgelassen hatte,
ließ er einige große Maierhöfe, die sie besetzt hatten, mit aller Macht angreifen,
und da es ihm gelang, den einen davon zu er-obern, so richtete er nun seinen
Hauptangriff auf die Hügel, wo ihr Mittelpunkt stand. Er bestand aus Eng-
ländern, Schotten, und besonders Hannoveranern, unter dem tapfern General
Alten, welche im I. 1803 ihre Heimath verlassen hatten, als die Franzosen
darin herrschten, und nun 12 Jahre lang fast in allen Landern Europa's, in Ita-
lien, Portugal, Spanien und Frankreich, gegen diese Feinde des deutschen Vater-
landes gekämpft hatten. Hier sollten sie nun den letzten entscheidenden Kampf
bestehen. — Napoleon ließ 80 Kanonen Vorfahren, und Fußvolk und Reuter zur
Seite und dahinter, gerade die Hügel hinanstürmen. Es war ein furchtbarer An-
griff, und es gehörte ganz die kaltblütige Tapferkeit der englischen und deutschen
Krieger, und die Feldherrngröße Wellingtons dazu, ihn auszuhalten. Aber die
Reihen wankten nicht; wenn das heftige Feuer sie zerriß und viele Tobte dahin
stürzten, so schloffen sich die übrigen sogleich wieder dicht zusammen und feuerten
unermüdet weiter; unh wo die vortreffliche englische Reuterei irgend einen vor-
teilhaften Fleck zum Angriffe sah^, da brach sie hervor und warf jedesmal die
französischen Reuter zurück, die Hügel hinunter. Dreimal stürmten immer neue
französische Angriffs-Kolonnen gegen die Hügel, dreimal waren sie nahe daran,
die englische Schlachtreihe zu durchbrechen; allein in dem englischen Feldherrn, wie
in dem Heere, war der Entschluß fest, an diesem Flecke zu siegen oder zu sterben.
Endlich jedoch hätte auch die tadelloseste Tapferkeit der Uebermacht unter-
liegen müssen; Napoleon, im Grimme über den hartnäckigen Widerstand, sammelte
noch einmal einen noch stärkeren Angriffshaufen; seine Garde, die immer den Aus-
schlag geben mußte, sollte selbst den Angriff machen; Wellington dagegen hatte
keine frische Truppen mehr und die ungeheure Anstrengung hatte die Seinigen