1835 -
Nürnberg
: Campe
- Autor: Jerrer, Georg Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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die eherne Zeit, >vo Krieg und rohe Gewalthat hereinbrach und die Gat-
ter von der Erde entwichen. Als auch diese vorüber war, kam die ei-
serne Zeit der Gegenwart, welche alle Laster und Gräuel entstehen sah,
und ivo auch Astraa, die Göttin der Gerechtigkeit, die allein von den
Göttern noch ausgehalten batte, weinend von der Erde verschwand.
Wenn man die in der heiligen Schrift angegebenen Lebensjahre der
ersten Menschen einer genauen Berechnung unterwirft, was natürlich
nur annäherungsweise möglich ist, so bekommt man das Alter der Welt
vor Christi Geburt. Diejenige Berechnung, welche die meiste Wahr-
scheinlichkeit für sich hat, nimmt an, daß die Welt 3984 vor Christi Ge-
burt geschaffen worden sey. Freilich aber giebt es bei den Chinesen
und Indiern Chronologien, welche der Welt noch ein viel höheres Al-
ter geben, und die Denkmäler und die in ihnen aufbewahrten chronolo-
gischen Nachweisungen Aegyptens berechtigen uns, dem Erdball und
feinen Bewohnern ein weit höheres Daseyn zuzuschreiöen, als die mo-
saische Urkunde.
Geht man nun von diesen mythisch-historischen Ueberlieferungen zu
den Aussprüchen der Naturkunde, so ergiebt sich etwa Folgendes. Die
Gestalt der Erde kann unmöglich immer so gewesen seyn, wie sie
jetzt ist, es müssen in einer vorgeschichtlichen (präadamitischen) Zeit Re-
volutionen von höchst gewaltsamer Art, nicht bloße Ueberschwemmungen,
sondern Umänderungen, bei denen Feuer und Wasser zugleich einwirk-
ten, vorgegangen seyn. Der Erdball selbst mag einmal eine andere
Lage gegen die Sonne gehabt und dadurch eine andere Erwärmung als
gegenwärtig erhalten haben. Dafür sprechen nicht nur astronomische,
sondern besonders auch geognostische Gründe. Wie wäre eine bloße Ue-
berschwemmung im Stande, die Geschöpfe und Produkte der südlichen
Zone auf den fernen Norden, und nicht blos auf die äußere Rinde,
sondern tief in das Innere zu verlegen? Von der fortdauernden Wir-
kung des im innern Erdgewölbe eingeschlossenen Feuers werden wir noch
jebt durch Vulkane, Erdbeben, entstehende und einsinkende Inseln u. dgl.
überzeugt. Die Geschöpfe, deren Ueberreste noch gefunden werden, sind
zum Tbeil so, daß sie keiner geschichtlich bekannten Periode, wabrscl-ein-
lich also nicht mehr der Zeit seit Adam (diesen nemlich als historische
Person angenommen) angehören. Daraus schließt man also mit großer
Wahrscheinlichkeit, daß die Erde zwar allerdings vor ungefähr 6000 Jah-
ren, oder 3984 vor Christi Geburt, ungefähr zu rechnen, die Gestaltung,
wie sie jetzt noch zu sehen ist, erhalten habe, daß aber dieser eine andere
vorausging, und daß erst nach vielen auseinander folgenden Kämpfen
des Nassen und Trockenen, Heißen und Kalten, ein ruhiger Niederschlag
eintrat, auf dem das neue Menschengeschlecht sich einen friedsamen
Wohnplatz gründen und überall bin ausbreiten konnte. Die Erde selbst
siat ein unberechenbares Alter.