Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Historisches Bilder-Buch für die denkende Jugend - S. 150

1835 - Nürnberg : Campe
150 Millionen, durch die man einstweilen der Stempeltaxe überhoben zu seyn glaubte, und als man endlich-die noch vorhandenen Rechte des Parlaments fast ganz vernichten, und einem eigenen Gerichtshöfe über- geben wollte, erhob sich in ganz Frankreich ein so ernsthafter Wider- spruch, selbst bei Adel und Geistlichkeit, und eine so laute Stimme für die Einberufung der allgemeinen Reichsstände, daß Brienne sich nicht mehr als Minister halten konnte, Ludwig aber die schon versprochene Versammlung der Reichsstände am 8. Aug. 1788 auf den 1. Mai 1789 einberief. An Brienne's Stelle wurde Recker zum zweitenmal Finanz- minister. Nun erhob sich über die Stellung des Bürgerstandes zu den beiden andern Ständen eine neue Frage; sollte er nur eine Stimme gegen die beiden andern haben, wie es in der alten Zeit gewesen war, oder sollte man seine Stimme verdoppeln, wie cs der Anzahl und Be- deutung des Standes angemessen war. Necker, der nun die Leitung des Ganzen hatte, wagte nicht allein zu entscheiden, sondern berief die Notablen abermals, welche mit geringer Stimmeninehrheit die Ver- dopplung des Bürgerstandes verwarfen. Dennoch erklärte der König (1788 Dec. 27.) die Verdopplung für zulässig, doch sollte jeder Stand für sich berathen. Die zweite wichtige Frage, über die Abstimmung, wurde der Versammlung selbst anheimgestellt. Die Eröffnung der aus 270 vom Adel, 201 von der Geistlichkeit, 578 vom Bürgerstande, worunter 212 Advokaten waren, bestehenden Reichsstände geschah am 5. Mai 1789. Zwei Tage vorher hatte der Aufstand der armen Be- völkerung in der Vorstadt St. Antoine, die das Haus eines reichen Tapetenfabrikanten Reveillon erstürmten und plünderten, und erst durch eine starke Abtheilung der Garde mit einem bedeutenden Blutbad ver- trieben wurden, eine schlimme Vorbedeutung künftiger Ereignisse gege- den. Nachdem am 4. eine religiöse Eeremonie, eine Proeession von der Kirche Notre Dame nach der Ludwigskirche stattgefunden, ervffnete am 5. zu Versailles der König in einem festlichgeschmückten Saale die Siz- zungen. Hier zeigte sich aber bald, daß der König, sey es nun aus eigner Furcht, sey cs alls Einfluß seiner Gemahlin und des übrigen Hofes, den Ständen lediglich die Beschäftigung mit einem Mittel ge- gen die Schuldenlast vorgelcgt haben und von andern Neuerungen schlechterdings nichts wissen ivollte, während die Stände, zwar mit ih- ren eigenen Absichten selbst noch nicht unter sich einverstanden, ja nicht einmal klar, dennoch fühlten, daß sie zu einem wichtigeren Zwecke als nur um neue Steuern zu bewilligen, von dem Könige, der nur die Stimme der ganzen Nation ausgesprochen hatte, einberufen worden wa- ren. Ludwig selbst wäre der nothwendigen Umgestaltung nicht entgegen gewesen, seine eigene Gesinnung und seine Einsicht in die Verhältnisse drängten ihn dazu, allein er schwankte unschlüssig zwischen dieser mit dem Minister Necker im Einklang stehenden Maaßregel und dem Ein- flüsse seiner Gemahlin und seiner Brüder. Zu diesem Mißverständniß
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer