Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Theil 2 - S. 35

1880 - Stuttgart : Heitz
Karl der Große. 35 sich, die selbst des Nachts unter seinem Kopfkissen lag, um gleich, wenn er einen freien Augenblick hatte, .sich im Buchstabenmalen zu üben. In jedem Kirchsprengel legte er sür die Landkinder Schulen an, und in den Bischofssitzen wurden dergleichen sür solche errichtet, die weiter kommen wollten. Auch an seinem Hose hatte er eine solche Schule angelegt, in welcher die Kinder seiner hohen oder niedern Hofbeamten unterrichtet wurden. Einmal ließ er alle diese Knaben zusammenkommen, um sie zu prüfen. Sie mußten ihm ihre Arbeiten vorzeigen — und da fand sich denn, daß gerade die Kinder der Vornehmen die schlechtesten, die der Geringern die besten Arbeiten geliefert hatten. Da stellte Karl diese zu seiner Rechten, jene zu seiner Linken und sprach zu den Fleißigen: „Habt vielen Dank, meine Söhne, daß ihr meinen Befehlen zu euerm eignen Besten nach Möglichkeit nachgekommen seid. Fahrt fort so fleißig zu sein! Dann sollt ihr künftig einmal gute Aemter von mir erhalten." Nun wandte er sein Gesicht nach der linken Seite und sprach mit furchtbarer Donnerstimme und blitzenden Augen, daß alle Kinder vor Angst hätten zu Boden sinken mögen: „Ihr Junker, ihr Söhne der Vornehmen, ihr Weichlinge mit den glatten Gesichtern, ihr habt euch ans eure Herkunft und eure Güter verlassen und eure Zeit mit Müßiggang hingebracht! Uber" — hier hob er drohend seine Rechte gen Himmel — „beim Könige des Himmels! ich mache aus eurem Adel und eurer Schönheit gar nichts! Wisset, daß ihr, wenn ihr nicht von eurer Faulheit ablaßt, nie wieder ein freundliches Wort von mir hören sollt!" Daß diese Rede gewiß bleibenden Eindruck gemacht haben werde, läßt sich leicht denken. Von Pracht war Karl kein Freund. Nur wenn fremden Gesandten Audienz gegeben wurde, erschien er in glänzender Kleidung. Dann trug er ein golddurchwirktes itleid, die Schuhe und das Schwert mit Edelsteinen besetzt und auf dem Haupte eine goldene Krone. Dafür kleidete er sich alltags ganz einfach, nicht viel besser als jeder gemeine Mann. Er trug ein Wamms und Beinkleider von Leinwand, die ihm seine Frau und seine Töchter selbst gewebt hatten, einen Rock mit einem seidenen Aufschläge und über die Strümpfe und Beinkleider kreuzweis bunte Binden gewunden; dazu noch zuweilen einen weißen oder grünen Mantel, und im Winter ein Wamms aus Otterfellen über Schulter und Brust. Sein Schwert mit goldenem Wehrgehenk und Griff — es ist noch übrig — war so schwer, daß ein Mann in unsern Tagen es kaum auf-
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer