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1. Theil 2 - S. 122

1880 - Stuttgart : Heitz
122 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuz;üge. Indessen waren fast drei Jahre nach dem Aufbruche Gottfrieds aus seiner Heimath verflossen. Nun aber näherte man sich unter unaufhörlichen Kämpfen der Stadt Jerusalem. Nach langen abmattenden Märschen zogen sie eines Tages eine Anhöhe hinauf, und die zuerst oben anlangten, erblickten plötzlich vor sich die Zinnen von Jerusalem, das lang ersehnte Ziel so vieler Leiden. „Gott will es haben!" rufen die Glücklichen aus voller, begeisterter Brust. Die unten noch sind, stürzen nun auch hinauf und weiden sich an dem köstlichen Anblicke. „Gott will es haben!" tönt unaufhörlich, durch die Echos der Felsen verstärkt. Die stürmische Freude ging bald in tiefe Rührung über. In Thränen der Andacht gebadet sinken die bewaffneten Pilger auf die Kniee nieder und küssen den heiligen Boden. Gern wären sie in der ersten Begeisterung gleich auf die Mauer der Stadt losgestürzt, aber so schnell ging es nicht mit der Eroberung; denn die Stadt hatte eine sicht zu Angesicht geredet und der heilige Andreas ihm wachend die heilige Lanze gezeigt hat, dann gehe er unversehrt durch das Feuer! War aber dieses Trug, dann verbrenne er mit der Lanze, welche er in seinen Händen tragen wird!" Alle Anwesende riefen mit gebogenen Knieen: „Amen!" Hierauf knieete Peter, nur mit einem kurzen Gewände bekleidet, vor dem Bischof von Albara. rief laut Gott zum Zeugen an, daß nichts, was er von den Erscheinungen der Apostel Peter und Andreas berichtet, von ihm erfunden worden, flehte um die Vergebung seiner Sünden gegen Gott und seine Nächsten, und bat den Bischof, alle übrigen Geistlichen und das ganze anwesende Volk, für ihn ihre Gebete mit dem seinigen zu vereinen. Nachdem hierauf der Bischof die heilige Lanze in feine Hände gelegt und ihn mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes gesegnet hatte, erhob er sich und ging langsamen Schrittes durch die hochlodernde Flamme. Als Peter aus der Flamme wieder hervortrat, ohne daß weder seine Kleidung noch das Gewand, welches die heilige Lanze umhüllte, versehrt schien, und laut rufend: „Gott hilf!" mit der Lanze dem Volke den Segen gab, da jubelten Alle, welche der heiligen Lanze sich angenommen hatten. Aber nach überstandenem Gottesgericht war die Verehrung des Volks für Peter gefährlicher als das Gottesgericht selbst. Denn über den von der Flamme schwer verwundeten Mann stürzte mit wüthender Frömmigkeit das Volk her, riß ihn zu Boden, um seiner Kleider sich zu bemächtigen, und Einige rissen Fleisch von den Gebeinen des neuen Heiligen. Raimund Pillez und einige Ritter mußten mit bewaffneter Hand ihn befreien. Andere begnügten sich damit, Feuerbrände und Kohlen von dem Scheiterhaufen mit sich zu nehmen, und in wenigen Augenblicken war davon keine Spur mehr vorhanden. Die Anhänger Raimunds sahen während des Gottesgerichts eine Menge Erscheinungen; Peter selbst wollte mitten in den Flammen mit dem Apostel Andreas sich unterhalten haben. Aber er starb am zwölften Tage nach diesem Gottesgericht, sei es von den empfangenen Brandwunden, wie die Gegner der heiligen Lanze behaupteten, oder in Folge der Mißhandlungen des Volks.
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