Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Theil 2 - S. 181

1880 - Stuttgart : Heitz
Die heilige Hedwig. 181 Geschäft, zur Ausbreitung der Religion mitzuwirken. Nach den Begriffen jener Zeit glaubte man dies am besten durch Erbauung von Kirchen und Klöstern zu erreichen. Daher stiftete sie deren mehrere, die zum Theil erst 1809 bei der Einziehung der Klöster eingegangen sind, deren Gebäude aber noch stehen. Von äußerlicher Pracht war sie keine Freundin. Selbst schon in der Jugend trug sie weder schimmernde oder modische Kleider, noch Schmuck, und in ihren späteren Jahren zog sie nur abgetragene Kleider an, und zwar von schlechtem Zeuge, damit sie sich in der Demuth übe und sich nicht an Bequemlichkeiten gewöhne. Zuletzt ging sie gar barfuß, selbst im kältesten Winter, und da geschah es nicht selten, daß ihre Füße bluteten und blutige Spuren im Schnee zurückließen. Doch trug sie die Schuhe unter dem Arme, zog sie aber nur dann an, wenn sie Leuten, denen sie Rücksichten schuldig zu sein glaubte, begegnete. Als ihr Beichtvater, der Abt zu Leubus, hörte, daß sie barfuß gehe, entsetzte er sich und suchte ihr das auszureden; ja er überreichte ihr sogar ein paar neue Schuhe, und bat sie, dieselben zu tragen. Das versprach sie auch. Als er aber nach Verlauf eines Jahres erfuhr, daß sie immer noch barfuß gehe, warf er ihr ungehalten ihren Ungehorsam vor. „Lieber Herr," sprach sie sanft, „erzürnet Euch doch nicht; ich habe sie ja recht oft getragen." Sie meinte nämlich, unter dem Arme; denn sie waren noch ganz neu. In dergleichen Bußübungen ließ sie sich überhaupt nichts vorschreiben. So trug sie einen Gürtel von Pferdehaaren, den ihr einst ein Templer geschenkt hatte, um den bloßen Leib, und den legte sie trotz allem Zureden eines von ihr sonst sehr geachteten Mönches nicht ab. Auch waren alle Bitten ihrer Kinder, sich doch nicht so zu peinigen, vergebens. So lange ihr Gatte noch lebte und mit ihr an einem Tische speiste, suchte sie ihre strenge Lebensart vor ihm zu verbergen, um ihn nicht zu betrüben; sie, zerschnitt das ihr vorgelegte Fleisch in kleine Stücke, aß aber nichts davon, weil die Thoren das für einen hohem Grad von Heiligkeit hielten, wenn man sich des Fleisches enthielte. Gab es nun gerade bloß Fleischspeisen, so stand sie ganz hungrig von der Tafel auf. Ihr Küchenzettel war der einfachste von der Welt: Sonntags, Dienstags und Donnerstags Fische und Milchspeisen; Montags und Sonnabends Erbsen oder Bohnen; Mittwochs und Freitags Brot und Wasser. Späterhin trieb sie es noch ärger; da genoß sie nichts als trockene Fische und grobes Brot, und trank kaltes Wasser dazu. Nur Sonntags und Feiertags aß sie auf An-
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer