1831 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
230
§* 6. Hypothese von der Umdrehung der Erde.
Ist dabei nicht auffallend, daß die Sonne ganz verschieden von
alten übrigen Firsternen sich benimmt? daß sie z. B. alle 24 Stunden
regelmäßig durch unsern Meridian geht, was die Firsterne stets 4
Minuten früher thun? Ferner, daß sie in ihrem Abstande vom
Nordpolarstern sich nicht gleich bleibt, also auch ihre Stellung gegen
die andern Gestirne im Verlaufe des Jahrs fortwährend verändert?
Was den Mond betrifft, so braucht er zu seinem Umlaufe eine
durchaus eigne Bahn und ganz andre Zeitabschnitte, als Firstern
und Sonne. Auch jene Sterne, die man noch außerdem als Wand-
ler (Planeten) kennt, bedürfen wiederum noch ungleich verschie-
dener Zeiträume, um ihre Bahnen zu vollenden. Daß sie Weltkör-
pcr und von beträchtlicher Große seien, leuchtete schon den alten
Weltweisen ein; daß sie, was an den Firsternen nicht zu bemerken
war, eine umwälzende Bewegung haben, zeigte sich gleichfalls.
Man überzeugte sich demnach, daß große Weltkörper schweben und
sich bewegen können. Ueberdem mußte es auffallen, daß die Sonne
gleich den Firsternen ihr eigenes Licht, der Mond dagegen und die
übrigen Planeten samt unserer Erde nur ein von der Sonne erborg-
tes Licht besäßen.
Wie? fragte man nun — sollte unser kleinerer an sich selbst
dunkler Wohnort der Mittelpunkt sein, um welchen die viel größere
leuchtende Sonne sich schwingt? Ja ist es möglich zu denken, daß
die zahllose in unendliche Fernen zerstreute Sternenschaar Tag für
Tag den alle Vorstellung überbietenden Umschwung um uns macht?
Ist die Ansicht nicht fasslicher und natürlicher, daß der Erdball
ebenfalls schwebe und sich fortwälze gleich anberu Himmelskörpern?
und daß er, seiner Natur nach ein Planet, auch planetarisch der
leuchtenden mächtigen Sonnenkugel diene? — So gut den Plane-
ten die Eigenschaft beiwohnt, sich in geregelter Bahn bewegen zu
können, eben so muß auch ein Umschwung der Erde denkbar seiw
Wie? wenn man dies als Hypothese aufstellte? wenn man ver-
suchte, daraus nicht blos den scheinbaren Sonnenlauf, sondern auch
das unbegreifliche Zufrühkommen der Firsterne, das dennoch stets
nach 365 Tagen 6 Stunden sich wieder regelt, nebst andern Räth-
seln -drs Himmels zu erklären?