1831 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Worten, große Freiheiten. Bald eiferten Mailand und andre ihnen, nach,
und das Glück begünstigte ihr Streben, da noch andre Regierungen auf der
Halbinsel die Herrschaft deutscher Könige trotz des römischen Kaisertitels abzu-
werfen strebten. Der päpstliche Hof, der wohl große Güter, aber noch
keinen weltlichen Staat besaß, war hierin vor allen thätig und hatte dafür
gesorgt, daß eine normandische Ritterfamilie, die im südlichen Italien
über Lombarden und Griechen und in Sizilien über Muselmänner gesiegt, mit
Umgehung des Kaiserrechts das Königreich Neapel gründete srob. Guiskard,
Herzog von Apulien 1058; sein Neffe Roger 1130 erster König von Neapels.
Hierauf verband er sich mit den Städten, um auch von Mittel - und Nord'
italien die kaiserliche Macht zu entfernen. Dies veranlaßte die heftigen Kriegs
des 12. und 13. Jahrhunderts mit den hohenstaufischen oder weiblingischen Kai«
sern, und einen eigenen lombardischen Bund, der 1167 geschlossen wurde. Dis
Städte erkämpften sich Reichsfreiheit, das Halis der Hohenstaufen ging um die
Mitte des 13. Jahrhunderts zu Grunde, und die folgenden Könige der Deut»
schen begnügten sich mit bloßer Titularherrschaft in Norditalien.
Unstreitig ist die Geschichte jener Kampfe höchst anziehend und lehrreich.
Oft sind die Kaiser, oft die Städte in ihren Unternehmungen zu bewundern.
Zu bedauern ist nur, daß Italien dadurch auf immer zerspalten wurde. Dir
päpstliche Regierung festigte sich allmahlig in der größeren Hälfte Mittel-
italiens. Das schöne Königreich Neapel, durch Erbschaft ans hohenstaufische
Haus gekommen und von dem geistreichen Kaiser Friedrich Ii. (er starb 1250)
so trefflich verwaltet, wie niemals zuvor und nachher, zog das traurige Loos,
erst dem habsüchtigen Charles d'anjou und später den Spaniern unterthanig zu
werden. Die Republiken Venedig, Genua, Pisa, behaupteten sich; allein
das übrige Italien verstand nicht, den lombardischen Bund fester und größer
zu machen. Er fiel auseinauder. Die Factionen, während des Kampfs mit
den Staufen entstanden, und deshalb noch geraume Zeit durch die Namen
Gibellinen (Weiblinger) und Welfen ausgezeichnet, zerrütteten das Innere der
Gemeinden, und glückliche Volksführer und Söldnerobersten suchten sich hie
und da zu Tyrannen auszuwerfen. In buntester Verwirrung wechselten Bünd-
nisse und Fehden, kamen kleine Tyrannen empor und stürzten wieder. Die
Familie Visconti und später die Sforza machten Mailand zum Mittelpunct
eines stattlichen Herzogthums. Daneben errangen: die burgundischen Grafen
von Savoyen die Herzogwürde und den Besitz von Piemont, das adliche
Haus Este fürstliche Herrschaft in Ferrara und M o d e n a, die Gonzaga's
in Mantua, die Pico's in Mirandola, die Malespina's in Mass«, die
Montefeltri's in U r b i n o, u. s. w. —
Während auf solche Weise neue Herrschaften entstanden. blühte auch ein«
neue Republik auf, und zwar so herrlich, daß sie unter den übrigen italischen
Staaten hervorleuchtete, wie ehmals Athen unter den griechischen. Dies war
Florenz, wo seit dem 13. Jahrhundert sich Betriebsamkeit und Politik zugleich
mst Lust an Wissenschaft und schöner Kunst verbanden.