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1. Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 416

1831 - Mainz : Kunze
schaft des Herzogs von Orleans (mit dem Cardinal Dübois) für den noch rninorennen König, wandelte sich die vorige Andächtelei des Hofes in ekelhafte Sittenlosigkeit. Vornehme Familien folgten dem Beispiel, und die Schriftsteller, denen der neue Ton wegen der Ungebundenheit gefiel, desgleichen. Vicht blos in der Dichtkunst, auch in Behandlung wissenschaflicher Gegenstände schlichen sich Frivolität und Flachheit ein. Fast drohete die ganze französische Literatur nichts- würdig zu werden. Zum Glück lag in dem Uebel selbst die Möglichkeit seiner Heilung. Noch war Kraft in der Nation. Die zunehmende launenhafte Wan- delbarkeit des despotischen Gouvernements ließ Lücken und Oeffnungen genug, wo Kraft und Verstand sich Bahn machen konnten. Einige bedeutende Köpfe, Montesquieu zuerst, verglichen Englands Staatsverfassung mit der französi- schen. Nun begannen die Schriftsteller, vorzüglich Voltaire, die Schwächen der letzteren, und Uebelstände jeglicher Art mit Geist, Witz und Ironie anzu- tasten. Es gelang ihnen zur Vertreibung der Jesuiten wesentlich beizu- tragen. Man kann wohl sagen, daß die edleren Schriftsteller danach strebten, einen bessern Zustand der Dinge herbei zu führen, während der Hof unbeküm- mert fortfuhr, Frankreichs Ehre durch schlechtgeführte Kriege (besonders durch den gegen Friedlich Ii.. wo bei Nosbach 1757 geschlagen wurde) zu schänden, und Frankreichs Finanzen durch fortgesetzte Verschwendung noch mehr zu Grunde zu richten. Als Ludwig Xv. starb, belief sich die Schuldenlast auf 4000 M. Franken, und der neue König Ludwig Xvi hatte bei aller Güte des Herzens nicht Einsicht und Kraft genug, um der Zerrüttung des Staates auf gefahrlosem Wege abzuhelfen. Als endlich die Noth drängte und das Defizit in den Finan- zen durch neue Steuern sollte gedeckt werden, da erklärte das Pariser Parla- ment : nur die Reichsstände dürften neue Steuer verwil- ligen. Sogleich verbreitete sich das ungestüme Verlangen darnach, und der König willigte ein. Die état;« généraux , die seit 1614 nicht versammelt gewe- sen, wurden auf den 1. Mai 1789 berufen. Mit ihnen begann die Revolu- tion. Denn da Adel und hoher Clerus nicht gern Steuerfreiheit und andre Vorrechte verlieren wollten, die sie noch besaßen, so erhub sich der dritte Stand ( tiers état ) gewaltsam. Und da man von Untersuchung des Staatshaushaltes zur Verbesserung aller sonstigen Gebrechen überging, so stürzte man leider alles Bestehende ohne Zaudern um. Vergeblich setzten sich verständige Männer, eine conftitutionelle Monarchie wie m England wollend, dagegen. Re- publikanische Ideen, schon seit 10 Jahren durch die glückliche nordamerika- nische Revolution geweckt und genährt, ergriffen die Köpfe. Der Pöbel von Paris mischte sich ein, und da man noch nicht die Erfahrung gemacht, daß ein Volk von 25 Millionen Menschen, und vor allen Frankreich, nicht zur Repu- blik tauge, so ward man von schwärmerischen Begriffen der Freiheit und Gleich- heit über alle Schranken hinausgerissen. Die besseren Köpfe und Gemüther, die Anfangs an der Spitze der Revolution standen und zu einem schönen Ziele streb- ten, sahen sich genöthigt, den wildesten Schreiern zu weichen. Rasende Jakobiner bemächtigten sich der Herschaft; die sonst feine artige Nation besteckte sich in heftiger 'Aufregung mit den gräßlichsten Verbrechen. Seit dem 21. Sept. 1792 hieß Frankreich eine Republik, doch im Namen der Freiheit ward die Frei- heit mit Füßen getreten. Der unglückliche König mußte für die Sünden seiner Väter büßen; er ward ain 21. Jan. 1793 guillotinirt, und unzählige Menschen fielen gleich ihm unter dem Mordbeil, bis erst nach 2 Schreckensjahren d. Pöbel- parthei stürzte, und die Herschaft des Terrorism, die am 10. März sich förmlich organisirte, am 28. Juli 1794 mit der Hinrichtung Robespierres endigte. Die Republik, die keine innere Festigkeit gewinnen konnte, wechselte ihre Einrich- tung, indem sie den 23. Sept 1795 ein Directorium an ihre Spitze stellte. Ungeachtet des Elends und des unbehaglichen Zustandes, worin sich das Reich während jener Zeit befand, errangen seine Heere im Kampf mit den europäischeil Königen Sieg und Ruhm. Die heftige Aufregung im Volke, und die Unbeschränktheit jedes Einzelnen, sein Talent geltend machen zu können, brachten ausgezeichnete Köpfe in die Höhe. Unter den jungen Feldherrn der Republik gewann N a p o l e o n B o n a p a r t e — geb. zu Ajaccio auf Corsika
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