1855 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
58 Mittel-Europa.
Slaven: da sie jedoch innerhalb der Deutschen Gränze wohnen, so
gehören sic unserm Vaterlande an.
Gewöhnlich heißen auf den Karten nur diejenigen Länderstriche Deutsch-
land, die den jetzigen deutschen Staatenbnnd ausmachen. Aber fast die ganze
Schweiz war ehemals ein Theil des deutschen Reichs und ist noch jetzo durch
gemeinsame Sprache und Literatur mit uns verbunden; desgleichen das Elsaß,
das erst seit dem 17ten Jahrhundert allmählig ganz an Frankreich gefallen ist.
Eben so ist das eigentliche Preußen an der Ostsee durch deutsche Eroberer und
Colonisten vor mehreren hundert Jahren völlig deutsch geworden und steht zugleich
unter einer von unsern Regierungen, so daß wir sie gleichfalls als unsere Brüder
ansehen. Im nördlichen Theil der Niederlande, um die Mündungen des
Rheins und der Schelde her, wird holländisch und flamändisch gesprochen, Neben-
arten des niederdeutschen Sprachdialectes. Wir nehmen deshalb die Holländer
und Flamänder für Halbdeutsche, und um so eher, da sie erst in neuerer Zeit,
wie die Schweizer, vom deutschen Reiche getrennt wurden.
Man betrachte zuerst auf der Karte als angränzende Meere und
Länder: die Nord- und Ostsee, das adriatische Meer, Dänemark,
Rußland, Polen, Ungarn, Croatien, Italien, Frankreich und Belgien;
— darauf als deutsche Länder: 1) den deutschen Staaten-
bund vom Jahre 1815, 2) die Sch weiz, wovon die Bewohner der
Südwestecke französisch und die südlich des Gotthard wohnenden italisch
reden, 3) Preußen an der Ostsee nebst Posen, 4) das Elsaß
zwischen Oberrhein und Vogesen, 5) Holland nebst dem nördlichen
Belgien, denn im südlichen spricht man französisch.
Was hievon nicht ans der Wandkarte Deutschlands zu sehen ist, muß ans der
von Europa gezeigt werden; beide dürfen im Lehrzimmer nicht fehlen. Man
wähle übrigens eine solche Wandkarte des Vaterlandes, die östlich über Memel
hinansreicht; weiter nordöstlich ist nicht nöthig, wenn gleich in den russischen
Provinzen Cnrland und Liefland die Hanptbewohner Deutsche sind. Wün-
schenöwerth ist es aber, wenn sie das ferne Siebenbürgen umfaßt, weil dort
auch deutsche Brüder, und zwar als ein Volk unter östreichischem Scepter sich
vorfinden. Sie muß so gearbeitet sein, daß sie das Terrain und die Wasser-
scheiden der Stromgebiete deutlich angibt und außer den Hauptstädten auch
historisch wichtige oder sonst merkwürdige Orte enthält.
Begriff von seinem Umfange. — Nur milder südöstlichen
Ecke, wo unsere Sprache schon der italischen weicht, stößt das deutsche
Land ans adriatische Meer. Im N. dagegen berührt es mit großen
Landstrichen zwei Meere, welche durch die Halbinsel Dänemark ge-
schieden sind. Vom Ausstuß der Schelde bis Dänemark beträgt die
Ausdehnung des Küstenstrichs an der Nordsee, einige Meerbuchten
abgerechnet, wohl 70 Meilen, wovon 15 Holland angehören, die
übrigen 25 dem deutschen Bunde. Unsre Ostseeküste ist noch ausge-