1855 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Weser und Ems.
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wir fügen es deßhalb hinzu. Die Ems mit allen Krümmungen nur
51 M. lang, entspringt aus bruchiger Stelle aus der Sennerhaide am
westl. Abhang ves Teutoburgerwaldes, und fließt durch ebene meist
wiesige Gründe; die Dollart-Bai ist ihre Mündung, die Haase ihr
größter Nebenfluß.
Rechnet man zu dem Gebiete der Ems noch die Hunse, einen Moor-
Ausfluß der seitwärts mit dem Dollart in Verbindung steht, so zieht die Gränze
des Ems-Gebiets von der Quelle bis zur Meerbucht Lauwersee, indem die
Gebiete der Lippe, Vechte und kleiner holländischer Küstenflüsse links bleiben.
Ehe wir indeß das untere Weser- nebst dem Emsgebiet näher
betrachten, ist ein Blick auf das ganze norddeutsche Flachland nöthig.
Die Karte zeigt, daß die meisten deutschen Flüsse nach der Nord- und
Ostsee strömen, und unser Land sich von den Gebirgen des Innern anfangs
bügelicht, dann in großer Ebene, dahin abdacht. Als Gränze dieser Ebene läßt
sich eine Linie ziehen, die von Antwerpen über Roermonde, Wesel, Münster,
Osnabrück, Minden, Steinhnder See, Hannover, Braunschweig, Helmstädt,
zur Leipziger Ebene und südlich von Torgau über die Elbe nach Kamenz, Sagan,
und im Westen der Oder auswärts bis Oppeln zieht. Am schmälsten ist also
das Flachland zwischen Minden und dem Meere, nach O. aber wird es immer
breiter.
Seine Erhöhungen und Senkungen sind nur gering. Ein Kalkhügel von
300' gilt in der Gegend von Lüneburg für einen Berg, dessen Seltenheit man
hoch schätzt. Im nördl. Emslande ist der Plitenberg von nur 60 — 70 Fuß der
höchste Punkt. Höher sind einzelne Stellen auf der Abdachung zur Ostsee, z. B.
die hohe Burg bei Schlemin 495 Fuß, der Runenberg bei Marwitz 577, der
Gollenberg bei Köslin in Pommern 300, und der Revekuhl daselbst 240; in
Brandenburg der Mügelsberg 340, und auf der Insel Rügen der Königsstuhl
von 563 Fuß. So gibts auch einige Hügel oder Berge zwischen der Issel und
Vechte, und die velnvischen Hügel nördl. von Arnheim. Vielleicht sind diese
Ebenen in grauer Vorzeit mit Meerwasser überdeckt gewesen. Als sich das Meer
senkte und immer weiter von den Bergen zurück zog, ließ es Sandstrecken und
morastige quellichte Plätze zurück. Die Flüsse aus den obern Gegenden hatten
auf dem bisherigen Meerboden freies Spiel. Sich Betten suchend schoben sie die
Sandmassen bei Seile, und setzten an ihren Ufern hergeschwemmte Erde und
Schlamm an. Daher mag es kommen, daß die dortigen Flüsse größtentheils
von Wiesengrund und Ackerland begleitet sind, während seitab, als breite flach
erhobene Scheiden ihrer kleinen und großen Gebiete, fast überall der Sand sich
hinstreckt. So geht z. B. die Wasserscheide zwischen Aller und Elbe durch eine
sandige, mehre Meilen breite flache Landerhöhung. Im Allgemeinen ist die Be-
schaffenheit des Bodens im ganzen norddeutschen Flachlande sich gleich, nämlich
Haiden, Moore und Brücher, Marschen und Geest. Nur östlich der Elbe gibt
es noch viele Landseen.
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