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1. Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 159

1855 - Mainz : Kunze
D1' e Alpen. 157 sich zu gleicher Zeit das Recht, sich selbst zu regieren, und waren stolz auf den Titel: kaiserlich freie Reichsstadt. Selbst Dörfer gabs, wo die Bauerschaft ähnliche Freiheiten errang, oder sie aus altdeutscher Zeit, wo jeder Landbesitzer frei war, sich erhalten hatte. So löste sich Pas deutsche Reich in eine bunte Menge kleiner Staaten auf, nämlich Herzog- u. Fürsten- thümer, Grafschaften, Reichsritterschaften, Erzbisthümer, Bis - thümer, gefürstete Abteien, Reichsstädte und Reichsdörfer. Die angesehensten der geistlichen und weltlichen Fürsten — es waren ihrer Sieben — ernannten den jedesmaligen Kaiser, wozu sie irgend einen regierenden Herrn erwählten, gleichviel ob einen mächtigen Herzog, oder nur einen Grafen, der wenig Land und Leute besaß. Der von den 7 Kurfürsten d. i. Wahlfürsten gewählte Kaiser hatte dann freilich stolze Titel und hohe äußere Ehre, und galt in Europa unter allen Königen für den Ersten; im Grunde war aber seine Macht nicht viel größer, als sein Herzogthum oder seine Grafschaft, die er von seineni Vater ererbt hakte. Wollte er zu irgend einem Heerzuge, zum Besten des ganzen Reichs, vielleicht zur Vertheidigung desselben gegen Angriffe der Nachbarn, die Unterstützung des Volks haben, so mußte er erst einen Reichstag ansagen, wo sämmtliche geistliche und weltliche Fürsten und Boten der freien Städte und Reichsritterschaft erschienen. Konnten sich diese nicht verständigen uns einigen, so ward nichts Gemeinsames beschlossen und jeder Fürst und jede Reichsstadt that nach Gutdünken. Einzelne schlossen auch unter einander Bünd- nisse und führten Kriege ohne den Kaiser zu fragen. Im hochrheinischen Lande thaten sich sogar Landleute, Alpenhirten und Bürger zusammen und errichteten eine Eidgenossenschaft, die Schweizerische genannt. Sie nahm ihren An- fang 1308, und besteht noch. Wer kennt nicht die 3 Männer im Grütli und den Wilhelm Tell! Nie zwar sind die Deutschen wieder unter eine einzige Regierung gekom- men; dennoch trotz so vieler Herrn erhielten sie, meist unbezwungen und ange- sehen , sich neben den übrigen Völkern Europas bis auf den heutigen Tag. Wenn vor 800 Jahren, wo unser gesammtes Vaterland ein einig großes Reich war, niemand vergaß, sich noch besonders einen Baier, Thüringer, Lothringer u. s. w. zu nennen, so sollte auch heut zu Tage jeder Sachse, Preuße, Tyroler, Bade, Baier, Meklenburger u. s. w. wissen, daß er zugleich ein Deutscher ist. Ein starkes Baud fesselt uns alle aneinander, nämlich gemeinsame Abkunft, vaterländische Sitte und Denkart und die gleiche eigenthümliche Sprache, die vom Gotthard bis zur Nord- und Ostsee geredet wird, und eine der schönsten Sprachen ist, die je durch Schriftsteller aller Art, durch Dichter, Redner, Geschichtschreiber und Philosophen gebildet ward.
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