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1. Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 221

1855 - Mainz : Kunze
Gebiet vcr Donau. 219 Auch jenseit dieser Gränze, die man nicht als absolute Trennung annehmen muß, gibt es viele Deutsche, selbst in ganzen Gemeinden. Brünn und Jglau in Mähren, Teschen an der Olsa und Bielitz nahe der obern Weichsel, sind deutsch; eben so Bndweis an der obern Moldau in Böhmen, und Prag selber, denn es hatte unlängst 66100 deutsche und nur 36700 tschechische Einwohner. Sogar Posen (24000 deutsche und 18000 polnische Einw.) kann jetzt für eine deutsche Stadt gelten. — Man betrachte nun ans unsrer Karte von Mittel-Europa die jetzige politische Einfassung Deutschlands, und vergleiche damit die Sprachgränze. Gegen West und Südwest sehen wir innerhalb unsrer Sprachgränze mehrere Länder, die gegenwärtig nicht mehr zu Deutschland gehören. Desgleichen im Norden, wo sie mitten durch Schleswig geht, so daß die Nordsee etwas südlich von Tondern, und die Ostsee nördlich von Flensburg davon berührt wird. Dagegen finden sich innerhalb der politischen Einfassung Deutschlands gegen Südost und Ost mehrere Landstriche, deren Bewohner fremder Abkunft sind und meistens noch die Sprache ihrer Vorväter reden, und zwar lauter slawische Dialekte. Es wäre nicht übel, wenn wir diese gegen jene austauschen, die Elsässer und Deutsch-Lothringer z. B. an die Oberetbe und Moldau, die Tschechen da- gegen jenseit des Oberrheins verpflanzen könnten. Preußen nähme gewiß mit Freuden die siebenbürgischen Sachsen nebst den Deutschen aus Kurland und Lief- land bei sich auf, und schenkte dafür eine Masse Polacken weg. Da aber ein solches Austauschen wohl zu den Zeiten der Römer sich veranstalten ließ, aber nicht hentzntag, so denken vorsorgliche Regierungen wenigstens daran, sich durch treffliche Einrichtungen den Unterthanen von fremder Abstammung so werthvoll zu machen wie möglich und sie niit den Einheimischen durch gleiche Gerichtspflege in der Staatssprache, durch Schulen u. s. w. allmählig zu verschmelzen. Was in solcher Beziehung geschehen kann, hat Frankreich bewiesen, denn die Elsässer sind leider ihren deutschen Landsleuten in kurzer Zeit nur zu sehr entfremdet wor- den. Wie geht es aber zu, daß die Tschechen Böhmens, schon eine ganze Reihe von Jahrhunderten zu Deutschland gehörig, meistentheils noch gar nicht verdeutscht, noch völlig slawisch sind? wie geht es zu, daß sie im I. 1848 nicht Lust hatten, Deputirte für's Parlament in Frankfurt zu wählen? Die Beantwortung dieser Fragen mag dem Leser überlassen bleiben. Dagegen müssen wir doch des Worts Panslavismus erwähnen. Es ist ein neues Wort, erst vor ein Paar Jahrzehnten aufgekommen: aber auch der Begriff, den es bezeichnet, ist neu. Panslavismus ist der Gedanke einer Verbrüderung aller neben Deutschen und Magyaren ver- zettelt umher wohnenden slawischen Völker, die zusammen mächtig genug wären, ein bedeutendes Reich zu schaffen, oder gar den russischen Koloß — denn auch die Russen sind slawisch und würden sich gerne an die Spitze stellen — noch kolossaler zu machen. Der Gedanke hat etwas Furchtbares, und nicht ohne Grund. Man sagt zwar, Rußlands despotische Staatsform und griechisch-katholische Kirche könne für unsre Slawen eben nicht anziehend sein, und ohne Rußlands Hülfe sei der Panslavismus nur eine Luftblase. Allein soviel ist dennoch gewiß, daß der Slaw sich meistens dem Russen näher fühlt als dem Deutschen. Die Tschechen
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