1855 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Vom Meere.
Fragen wir nun nach der Temperatur des Meers, so erfahren wir,
daß seine Oberfläche, eben der Durchsichtigkeit halber, welche die Sonnen-
strahlen nicht aufhält, minder erwärmt wird, als die Oberfläche des Landes.
Das Meer verliert aber auch die Wärme, die es in sich aufgenommen, lang-
samer, so daß zwischen der Nachts - und Tagestemperatur, so wie zwischen
der sommerlichen und winterlichen, der Unterschied nicht so bedeutend ist,
als aus dem festen Lande. Dies gilt für alle Breitengrade; nur daß innerhalb
der Tropen der Unterschied am geringsten, in der gemäßigten Zone größer, in
der kalten noch größer ist, also mit der Entfernung vom Aequator gegen die
Pole hin grade so wächst, wie die Verschiedenheit zwischen kürzestem und längstem
Tage. Wo der kürzeste Tag im Jahre fast dem längsten gleich ist, da weicht
auch die mittlere Temperatur (d. h. die durchschnittliche Wärme) der kühleren
Jahrszeit nur wenig von der mittleren des Sommers ab, vorzüglich ans dem
Meere', dessen obere Schicht in der dortigen Gegend fast das ganze Jahr durch
zwischen 22 und 23*4 Grad Reaumur schwankt und selten das Maximum von
24*4 erreicht. Vom Aequator 30° entfernt, beträgt der Unterschied nahe 4°,
nemlich mittlere Seewasserwärme im Sommer 19*4, im Winter 15*4. Bei
4b der Breite erst 5 , und so mäßig steigend, denn bei den Shetlandsinseln
nördlich von Großbritannien (60*4 Breite) ist die mittlere Wintertemperatnr 3v5,
die mittlere Sommers 9*4, also Differenz 6. Auf dem festen Lande gehen
die Verhältnisse weiter aus einander, zu Neapel ist der Unterschied 11, zu
Madrid 14. — Es konnte nicht fehlen, daß Seefahrer und Naturforscher sich auch
um die Temperatur der Meerestiefe kümmerten. Dumont d'urville fand
am 9. Breitegrad, als eben die obere Schicht 234° R. zeigte, in einer Tiefe
von 2000' eine Kühle von -h 4°. James Roß fand unter dem 33. der Breite
in einer Tiefe von 4500 Fuß eine Temperatur von -4- 3*4 Grad Reaumur;
die Oberfläche hatte gleichzeitig eine Wärme von 12*4°. Er hat solche Unter-
suchungen unter verschiedenen Breiten angestellt, und behauptet, daß die mittlere
Temperatur der unteren Meeresschichten nie unter 3*4° sinke, und dies sei unter
45° der Breite schon bei 3600' der Fall, am Aequator erst bei einer Tiefe von
7200'. Nur im hohen Norden kann sie zur Winterzeit auf Null fallen, doch nur
an seichten Stellen, wo das Wasser bis auf den Boden friert; wo hinreichende
Tiefe ist, sinkt die Temperatur nicht auf Null, so daß unten Wärme herrscht,
während oben Kälte. Am 79. Grad Norderbreite zeigte das Thermometer in der
Oberfläche des Wassers Null (es war im Juliusmonat) während bei 2000' Tiefe
-4- 1*4; und als bald darauf an der Oberfläche das Quecksilber etwas unter
Null sank, wuchs in jener Tiefe die Wärme auf -+- 2*/2. Dasselbe beobachtete
Roß ans der südlichen Hemisphäre, wo schon bei 59° Breite das Seewasser eine
höhere Temperatur in der Tiefe zeigte, als an der Oberfläche. Man erklärt
dies aus der Bewegung ab - und aufwärts, die durch Wärme und Kälte veran-
laßt wird. Kühlt sich die obere Schicht stärker ab als es der untern möglich ist,
so steigt das wärmere und deshalb minder dichte Wasser hinauf, das kältere sinkt.
Man sieht dies deutlich am Gefrieren des Seewassers an der Küste, vorzüglich
bei langsam wachsender Winterkälte. Da sich wegen des Salzgehaltes und der