1855 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Vom Meere.
eme krumme rückgängige Bewegung gegen das antarktische Eismeer, doch
mit sehr gemäßigter Schnelle.
3. Zwischen der alten und neuen Welt, also im atlantischen
Ocean. An Afrika's Küste finden sich zwei Drifte, die eine von den Azoren
und Portugal her südlich, die andere vom Cap her nördlich. Beide münden vor
der Küste Guineas in den Aequatorialstrom, der eben so wie im großen
Ocean von Ost nach West und zwar stark genug treibt, denn er legt täglich 15
bis 18 M. zurück. In den Gewässern Amerikas bewirkt er theils eine brasili-
sche Drift südwärts, theils zieht er ins karaibische Meer und häuft die Wasser
im mexikanischen Golfe so an, daß sie vor dem Missisippi vorbei und
zwischen Florida und den Bahamas sich durchdrängen. Dieser Florida - oder
Golfstrom, wie man ihn nennt, fließt im Oktober 9*/, M., im Februar und
August 18 bis 20 M., an einigen Stellen 30 M. des Tags, vorwärts bis zum
31° Nordbreite, und zwar parallel der nordamerikanischen Küste bis znm Cap
Halteras, dann mehr seitab sich biegend. Indem er aber sich ausweitet und bis
auf 150 Meilen breit wird, verliert er an Raschheit und dreht sich südlich der
Bank von Neufundland oft- und südostwärts gegen die Azoren hin. Zu dieser
östlichen Bewegung nöthigen ihn zwei Ursachen, einmal der in der gemäßigten
Zone, unverkennbar vorherrschende Westwind, und zweitens eine doppelte Drift
von Norden her; es bewegt sich nämlich, wie vorhin gesagt, das Polarmeer
zwischen Spitzbergen und Grönland gen Süden, aber auch aus der Hndsousbai
erfolgt dieselbe Bewegung*). Ein Theil dieser arktischen Strömungen
verursacht mäßige Driften an den brittischen Küsten, und selbst eine im aquitani-
schen Golf, wo sie von Biscaja sich herum bis Bretagne und gegen England
zurück dreht. —
Für die Veranlassung aller dieser Meerströmungen hält man 1. den
Gegensatz des heißen und kalten Klimas. Da nämlich zwischen den
Tropen eine weit größere Verdunstung des Wassers statt findet, so will man das
polarische Herbeiströmen und die kühle Temperatur unterer Schichten des Aequa-
torialmeeres, dessen Oberfläche doch, Jahr aus Jahr ein, nicht unter 21° Wärme
hat, daraus ableiten. — 2. Die Rotation der Erde, die am Aequator
rascher ist, als in höheren Breiten. Man meint nun, daß die bewegliche Wasser-
masse nicht in völlig gleicher Geschwindigkeit mit rotiren könne, ihr Zurückbleiben
also sei es, woraus die große von Ost nach West gerichtete Aequatorialströmung
bewirkt werde. — 3. Die regelmäßigen Nordost- und Sttdostpassate des
großen und atlantischen Oceans, und die periodischen Monsune im indischen
Meere. Den veränderlichen Winden schreibt mau hierbei, etwa mit Ausnahme
*) Die Strömungen im nördlichen Eismeere sind den Bewohnern der Po-
larländer sehr wohlthätig, sie schwemmen eine Menge von Holz, das wahr-
scheinlich aus den großen Urwäldern Amerikas und aus Sibirien von den dor-
tigen Flüssen ins Meer geführt wird, an ihre völlig Holzteeren Küsten. In der
südlichen Hemisphäre ist solches Treibholz unbekannt.