1855 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Asien — China.
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Staatskontrole in 25 Sectionen, die ihre Jnspicienten in alle Provinzen
anssendet, und 2) des Kaisers Kabinetsralh, dessen Mitglieder dazu gebraucht
werden, den Sitzungen der Ministerien beizuwohnen und sowohl über deren
Thätigkeit zu berichten als auch darauf zu sehen, daß nichts gegen die Gesetze
und hergebrachte Reichsordnung geschehe. — Nach dem Muster der höchsten Be-
hörden ist auch die Verwaltung der Provinzen und Kreise unter Col-
legien gestellt, voll Statthaltern präsidirt, also nicht nach türkischer Art unter
Paschas.
Fragt man ferner nach der Justiz, so findet sich, daß ein zahlreiches Per-
sonal in mehreren Jnstanzeil dafür angestellt ist, und daß man im bürgerlichen
Proceß ziemlich schnell, in Crimiualsachen sehr bedächtig verfährt; der Kaiser
unterzeichnet erst nach langer Untersuchung ein Todesurtheil. Uebrigens rühmt
man noch das Kostenfreie der Rechtsprechung.
Der ganze Staatshaushalt soll 66 Will. Pfd. Sterling jährlich be-
dürfen, eine Summe, die großentheils in Naturalien eingeht und grade nicht
übermäßig ist, wenn man bedenkt, daß die Zahl der Mandarinen sich auf 35000
und das Kriegsheer auf mehr als eine Million beläuft. — Der Kern des
Heeres, die kaiserlichen Haustruppen zu Pferd und zu Fuß, besteht nach der
geringsten Angabe aus 67000 Mandschus, 21000 Mongolen und 27000 Nord-
chinesen (ans Familien, die den Mandschus bei der Eroberung des Reichs ge-
holfen) nebst einer Feldartillerie von 400 Kanonen. Von geringerem Range ist
die sogenannte grüne Fahne über 500,000 Mann nebst 125,000 Mann
Milizen, und 200,000 leicht berittene Mongolen. Schiffe oder Iunken
(Dschonken) zu 6 bis 8, höchstens 20 Kanonen, hält der Staat fast 2000 Stück
mit beinah 90,000 Seeleuten.
Fragt man schließlich nach der Religion des chinesischen Volkes, so hört
man, daß der Buddhaismus oder die Religion des Fo, wie die Chinesen den
indischen Buddha nennen, vorherrscht. Sie besteht ans Aenßerlichkeiten, Fasten
und (unblutigen) Opfern mit prunkvollem Gottesdienst, geleitet von einer zahl-
reichen Priester- oder Bonzen schaft, die in Klöstern zusammen lebt und das
Volk in Aberglauben und Unterwürfigkeit erhält, ohne irgend auf Bildung des
Geistes und Herzens zu wirken. (Näheres hierüber bei Tibet). — Auch die
von Laotse 550 vor Chr. verkündete Lehre, ans dem Dogma von der Seelen-
wanderung hervorgegangen und selbstbeschanliche Ruhe für das Höchste des Lebens
haltend, zählt viele Anhänger und ist, wie der Buddhaismus, in Aberglauben
versunken. — Der gelehrte Stand der Chinesen hat aber neben dem Buddhaismus
als der Staatsreligion, denn das kaiserliche Hans ist ihr zugethan, noch eine
Religion für sich: die des Konfutse, eines kaum 60 Jahr nach Laotse lebenden
Weisen, der als Moralist und Gesetzgeber sich großen Einfluß erwarb. Seine
heiligen Schriften (der Schnking rc.) enthalten viel Treffliches über Menscheu-
und Bürgerpflichten, und bekennen den Glauben an ein höchstes unsichtbares
Wesen; nur eignen sie sich wenig zur Pflege des religiösen Sinnes, da der
Unsichtbare nicht als allwaltender Vater der Menschheit darin aufgefaßt, und
dw Tugend nicht auf unerschütterliches Vertrauen zu Gott und auf Erfüllung