1855 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Allgemeine Uebersicht. 475
den Herrn spielen und andere ungestraft unterdrücken, oder eine kolossale. Frei-
heit und Kultur tödtende, Despotie errichten wollen. Das anerkannte System
des Gleichgewichts nimmt die kleineren in Schutz und setzt sich der Ver-
größerung der mächtigeren entgegen. Selbst das Türkenreich, das 1453 Meister
des schlecht regierten byzantinischen Kaiserstaats geworden, und zuletzt auch die
griechisch-kirchlichen noch halb barbarischen Russen traten ins politische System
Europas ein; obwohl diese (die Russen) nichts Heilsames bieten, sondern nur
etwas lernen konnten, und jenes (das Türkenreich) vermöge seiner moslemischen
Denk- und Lebensart dem Geist des Abendlandes auf andere Weise fern stand.
Leider hat man bisher, dem Systeme des Gleichgewichtes zum Trotz, Rußlands
Einfluß und Macht zu hoch steigen lassen.
Jetzige Sprachen Europas.
Durch Wandern und Erobern der Völker sind Sprachen ganz oder
zuin Theil untergegangen, manche mit einander vermischt, und neue
entstanden. Einige hat man noch wenig oder gar nicht literarisch ge-
braucht, andere aber bedeutend ausgebildet. — Vom rbätischen fin-
den sich nur kleine Bruchstücke in Graubündten, vom keltischen schon
mehr im engl. Wallis, Hochschottland und Irland, selbst in Bretagne.
Das baskischc an den Westpyrcnäen ist wahrscheinlich iberisch, und
was die Montenegriner im südöstl. Dalmatien reden, illyrisch. —
Die Sprache der Hellenen hat sich in neugriechisch umgewandelt.—
Die lateinische, schon in den ersten Jahrhunderten des Mittelalters
abgestorben, ist jetzo nur Eigenthum der Gelehrten unv der römischen
Kirche. Dagegen sind durch Beimischung fremder (großentheils deutscher)
Wörter und Formen neue Sprachen aus ihr hervorgegangen, nämlich
die der Italiener, Portugiesen, Spanier und Franzosen.
Daß vor Alters die Römer auch zwischen Theiß und Dniester herrschten,
wo wenig Griechisches eindrang, bezeugt der lateinische Hauptgehalt
der wallachischen Sprache. — Die germanische ist in mehreren
Sprachen selbständig ausgebildet, als detttsch, holländisch, dänisch
(mit isländisch) und schwedisch. Was die Engländer reden,
ist halb deutsch, halb französisch. — Die Sprachen der Polen, Rus-
sen, Serwier und Bosnier, Kroaten und Slawonier, Wen-
den in Südöstreich, Czecheit in Böhmen, Hanaken u. a. in Mähren
sind slawischen Stammes. In die latinisirte der Wallachen, in die
gräcisirte der Bulgaren, in die illyrisch-griechische der Arnauten
oder Alb an es er oder Schypatar (westlich vom Pinvus) hat sich
slawisch gemischt. ,— Die Türken reden einen tatarischen Dialect, doch
hört man unter den Vornehmen Constantinopels auch arabisch. An
der Mündung der Donau und in der Krim wohnen'tatarische No-
gaier. — Eigenthümlich scheint das lithauische zu sein, obgleich