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1. Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 530

1855 - Mainz : Kunze
528 Frankreich — das Volk. sind völlig einheimisch und französirt. Selbst die Deutschen im Elsaß und Loth- ringen rc. (etwa V/2 Mill.) entfremden sich ihrer Herkunft von Jahr zu Jahr immer mehr, und nur die Korsen (200000) bleiben Italiener auf ihrer abgeschlossenen Insel. — Zur protestantischen Kirche gehören 4 Mill.; also über 7/8 des ganzen Volks sind römisch-katholisch, unter 14 Erz - und 66 Bischöfen. Unter Louis Xiv. betrug die Bevölkerung nur 18 Mill. und unter Bonaparte's Consular 27 Mill. Frankreich ist nicht wie Britannien von andern Ländern abgesondert, nicht einmal so wie Spanien, dennoch haben die Franzosen ihren eignen stark kennt- lichen Volkscharakter, und es ist inerkwürdig, die Grundzüge desselben schon in der altceltischen Geschichte wahrzunehmen. Den Römern erschien der Gallier als lebhaft, rasch auflodernd in Liebe und Zorn, doch unschwer zu besänftigen, ver- änderlich in seinen Neigungen, gar nenernngssüchtig; ren,m novarum cupidissimi, heißen sie beim Cäsar. Tapferkeit gestand man den Galliern zu, vor allen war ihr Angriff hitzig und stürmisch, im Unglück aber zeigten sie mindere Ausdauer. Dies Celtische sticht in ihrem Naturell noch jetzt hervor, obgleich sich römisches und deutsches Blut beigemischt und die Kultur vieler Jahrhunderte auf sie ein- gewirkt hat. Es ist ein ausgezeichnetes Volk, mit gewissen Eigenschaften begabt, die es unter den Europäern besonders anziehend machen, und die man sogar liebenswürdig nennen könnte, wenn sie nicht von andern Eigenschaften begleitet wären, die keineswegs liebenswürdig sind. Schon die Sprache der Franzosen, die fließendste unter allen romanischen, hat etwas Einnehmendes, mehr noch ihr muntrer leichter Sinn, der nur zu oft frivol wird, ihr Witz, ihre Politesse und Unterhaltungsgabe. Für's gesellige Leben sind sie wie geschaffen; grade deshalb stellen sie aber das äußere Erscheinen, die äußere Ehre zu hoch, und sind gegen nichts empfindlicher als gegen die Pfeile des Lächerlichen; ein don inot geht ihnen leicht über eine Wahrheit. Wie der Franzos fein zu schmeicheln versteht, so will auch die Nation als solche geschmeichelt sein, und man sagt nicht zuviel, wenn man ihr ein Uebermaß von Eitelkeit, eine gränzenlose Selbstschätznng vorwirft. Löblich ist ihre praktische Anstelligkeit, ihre Thatkraft, doch sind sie häufig zu rasch im Entschließen und Unternehmen, ungleich uns Deutschen, die ruhiger überlegen, aber oft zu lange zaudern und noch berathen, wenn längst gehandelt sein sollte. Ueberhaupt sucht der lebensfrohe Franzos, was er denkt, auch schnell ans Leben zu knüpfen , während der Deutsche gern in der Welt der Ideen und Phantasien verweilt, und im gelehrten Suchen wie im Erörtern von Begriffen sich nicht genng thun kann. Scharfsinn, logisch tabellarisches Abtheilen, geistreiche Wendungen, Klarheit und Eleganz im Ausdruck siud Vorzüge der französischeu Literatur, aber an Ge- diegenheit steht sie der englischen, an Tiefe der deutschen nach. Der Franzos ist mehr räsonnirend als philosophirend, mehr Memoiren- als Geschichtschreiber, mehr Redner als Dichter; aber auch in der Beredsamkeit tritt der Charakter des witzigen und sprechlustigen Volkes hervor. Wo sie wortreich, ist der Engländer gehaltvoll; in parlamentarischen Angriffen verschießt der Franzos die buntge- fiedertsten Pfeile, während der Engländer gedankenschwere Keulenschläge aus- theilt. Ihre Dichter haben geglättete Formen, rhetorische Schönheiten, witzige Pointen, ja Voltaire's Ironie, Moliere's Comik, Lafontaine's zierliche Naivetät,
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