1855 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
562 Deutscher Bund — Oestreich.
I. Das Kaiserthum Oestreich.
Es ist die größte Macht im südl. Deutschlande und erstreckt sich noch über
weit ausgedehntere Nachbarländer. Es umfaßt die Ostalpen und Karpathen, die
Flächen an der Mitteldonan und Theiß, den bedeutendsten Theil des Tieflandes
am Po, zwei Länder südlich des Erzgebirgs und der Sudeten, die den Karpathen
nordwärts vorgelagerte Terrassenfläche, und Küsten am Adriameer. Hanptstroin
ist die Donau mit bedeutenden Nebenströmen, auch gehören obere Elbe-, Weich-
sel- und Dniestergebiete dazu. In Italien bilden Po und Tessin die Gränze.
Das Bergland verhält sich zu den Ebenen wie 4 zu 5, und % des Bodens ist
mit Waldungen bedeckt. — Flächeninhalt 12200 Qm., wovon etwa 3700
deutsches Bundesland. Siehe in Abschnitt 11. die Kap. von den Alpen, von
der Donau rc.
Das Klima so ausgedehnter und meistens gebirgiger Länder kann nicht
anders als sehr verschieden sein; 11° ist mittlere Temperatur im Süden, 6° im
Norden an der Weichsel, weshalb im Süden Wein und Mais, sogar Reis,
Oliven und Südfrüchte gedeihen, im Norden hauptsächlich Korn, Obst, Flachs
und Hanf. Die N aturerz engn isse sind so mannigfach und reichhaltig, daß
der östreichische Staat mit Recht der am meisten in Europa von der Natur be-
günstigte genannt wird. Das Getraide nimmt den ersten, Obst und Wein den
zweiten Rang unter den Gewächsen ein. Handels- und Manufaktnrpflanzen,
wie Tabak, Hopsen, Flachs, Safran, Waid, Krapp, Süßholz, Ingwer, Rha-
barber rc. sind zum Theil in Menge vorhanden oder können doch in Ueberfluß
gebaut werden. Zur Viehzucht bieten sich Gebirge und große Weideflächen
als besonders geeignet dar. Man zählt an Hornvieh 12 Miü. und an Pferden
2200000 Stück. Das Rindvieh der Alpen und der ungrischen Savannen ist
vorzüglich; eben so die leichten Pferde Ungarns, die edleren Siebenbürgens und
die schweren Gäule Salzburgs. Und doch führt man Rinder und Pferde noch
von Osten her ein. Auch die Schafzucht, keineswegs unbedeutend, denn man
zählt 20 Mill. mit einem Wollerlrag von 50 Mill. Pfd., ist nach Verhältniß
nicht so groß als in Sachsen, Preußen und Frankreich. Die Zahl der Schweine
schätzt man ans 6 Mill., die der Ziegen auf 900000. Hausgeflügel ist in außer-
ordentlicher Blenge vorhanden, und namentlich in Nieder - Ungarn sehr wohlfeil.
Die Bienenzucht erträgt 20000 Ctnr. Wachs, also Ibmal so viel Honig.
Die wärmsten Gegenden eignen sich vorzüglich zur Seidenproduction; der Ertrag
derselben ist: in der Lombardei 29253000 — im Venetianischen 17450000 - in
Tyrol 2869000 — in Ungarn und Dalmatien 720000 fl. — also im Ganzen
50290000 fl.
Fragen wir nach dem Mineralreiche, so findet sich ein Reichthum an
Metallen, mit Ausnahme der Platina. Ungarn liefert jährlich 55000 Ctr. Kupfer
und steht hierin nur England, Sibirien und Nordamerika nach. An Gold ge-
winnt man in Ungarn und Siebenbürgen 7000 Mark. Die Bergwerke der gan-
zen Monarchie ertragen an 180000 Mark Silber und 86000 Ctr. Blei. Von
Eisen und Kohlen finden sich unerschöpfliche Lager. Die Salzwerke von Wieliczka
und Bochnia an der obern Weichsel, von Maros Ujvar in Siebenbürgen, von