1855 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Australien. — Polynesien.
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Bolabola u. a. m. Sie sind gebirgig, voll schöner Thäler und rieselnder
Wasser, reich an Kokos, Brodfrncht, Jams, Schweinen, Geflügel rc. und von
einem Menschenschläge bewohnt, dessen heitrer geselliger Sinn, dessen geistige
Anlagen und Geschicklichkeiten die ersten Entdecker fast bezauberten. Selbst im
Kriege zeigten sich die Insulaner hier weit milder als anderwärts; grausame
Behandlung der Besiegten und Gefangenen war ihnen fern. Die Schilderung
Tahiti's und des dortigen Lebens gehört zu den schönsten Stellen der Reisewerke
Försters und anderer Beobachter. Der schon vor ihnen dort gewesene Bougain-
ville, besonders erstaunt, dast er die Frauen, bei wilden Völkern sonst Sklavinnen
des männlichen Geschlechts, hier geachtet und nicht einmal von der königl. Würde
ausgeschlossen fand*), wollte die reizende Insel sogar Neu - Cythera benannt
wissen; und noch später ward Tahiti gepriesen, obwohl die anziehende Natürlich-
keit und Heiterkeit des liebenswürdigen Völkchens seit dem vielfältigen Umgänge
mit den Seefahrern ins Freche und Liederliche auszuarten anfing. Förster würde
schon nach 30 Jahren seine Tahitier kaum wieder erkannt haben; so hatten euro-
päische Getränke, Laster und Krankheiten unter ihnen gewüthet. Unordnung war
auf den Feldern, Zerwürfnisse in den Familien, und die Zahl der Bewohner
auf den achten Theil herabgekommen. Manche Völkchen Polynesien's haben in
ähnlicher Weise moralisch und physisch gelitten, keines vielleicht mehr als das von
Tahiti; der allverbreitetete Ruhm seiner Liebenswürdigkeit war sein Verderben.
Keiner Inselgruppe ist aber auch die Ankunft der Missionäre heilbringender gewesen.
Was hier die evangelischen Männer gewirkt, ist bewunderungswerth, und wird
stets auf der Lichtseite der christlichen Kirchengeschichte geschrieben stehen. Sie
brachten nicht Glaubenssätze allein, sie stellten auch bessere Zucht her, und dran-
gen im Namen Gottes und des Heilands auf strenge Sittlichkeit. Daß die von
Natur so glücklich begabten Insulaner nicht ganz zu Grunde gegangen, war ihr
Werk **). Denn mit der Besserung des Lebenswandels erneuerte sich die frühere
Thätigkeit, auch die Sterblichkeit ließ nach und die Bevölkerung begann wieder
zu steigen ***). Fast auf allen Inseln der Gruppe trifft man jetzt Kirchen,
*) Wallis fand 1767 eine Königin auf Tahiti. Die jetzige, Namens Po-
mare, ist die Schwester eines unlängst verstorbenen Königs. Die Bewohner
der Freundschafts-Inseln haben ähnliche Einrichtungen und Lebensweise; d'urville
fand 1827 auch auf Tonga eine Königin.
**) Die Missionen sind in Polynesien seit 1791 thätig. England ging mit
dem Beispiel voran, indem die brittische Missionsgesellschaft ein Schiff unter
Führung des schon früher bewährten Capitains Wilson nach der Südsee schickte.
Die Geistlichen, die man ihm mitgegeben, vertheilten sich auf verschiedene Eilande,
und haben nicht allein der Humanität durch ihr Lehrgeschäft, sondern auch der
Wissenschaft durch das Studium der Sprachen und Sitten der Insulaner große
Dienste geleistet.
***) Cook schätzte die Bevölkerung Taheiti's und Eimeo's auf mindestens
150000, die der übrigen Societätsinseln auf 200000 Seelen. Gegen Ende des
18. Jahrhunderts soll Taheiti nur noch 10000 gehabt haben, eine Zahl, die
seitdem wieder aufs Doppelte gestiegen ist.
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