1850 -
Leipzig
: Mayer
- Autor: Forbiger, Albert
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Erster Theil.
man den Umstand an, dass der Grund des Meeres durch unterirdische
Kräfte bald gehoben werde, bald wieder sich senke. Die Wirkung dersel-
den aber waren Durchbruch von Landzungen und Losreissung einzelner
Theile des Festlandes, wodurch Meerengen und Inseln entstanden, Ver-
schlingung ganzer Landstriche und Bildung von Meerbusen an der Stelle
derselben, Verheerung ganzer Gegenden und Verwandlung derselben in
Sandwüsten u. s. w. Aber auch ohne dergleichen grosse , ganze Länder
umgestaltende Wasserfluthen bringt das Meer fortwährend im Kleinen man-
cherlei Veränderungen der Erdoberfläche hervor, indem es bald einzelne
Küstenstriche verschlingt, bald aber auch, und diess noch häufiger, durch
sein Zurückweichen trocken legt. (Vgl. §. 37.) Doch nicht blos durch das
Meer, sondern auch durch Landseen und Flüsse werden dergleichen Ver-
änderungen hervorgebrachl. Manche rings von Bergen umschlossene Län-
der (namentlich Thessalien, vielleicht auch Böotien u. a.) sollen einst Seen
gew esen sein, aus denen sich das Wasser bei gewaltigen Naturrevoluzionen
durch Zerreissung der Berge einen Ausweg bahnte. Die Flüsse haben
nicht nur eine zerstörende Kraft (durch Ueberschwemmungen), sondern
auch eine bildende , indem sie bisweilen durch den sich an ihren Mündun-
gen ansetzenden Sand und Schlamm, den sie mit sich führen, die Küste
immer weiter hinausrücken, oder nahe vor der Küste liegende Inseln mit
dem Festlande in Verbindung setzen.
§. 49. Endlich erfährt auch die Oberfläche der Erde durch die Hand
des Menschen unaufhörliche Veränderungen. Sümpfe und Lachen werden
ausgetrocknet, Wälder ausgerodet, Seen und Flüsse abgeleitet, Kanäle ge-
graben und Landengen durchstochen, wüstes Land angehaut u. s. w., wo-
durch auch selbst das Klima einzelner Länder und Gegenden verändert
wird. (Vgl. §. 44.)
§. 50. Was endlich die nach der Ansicht der Alten immer mehr und
mehr abnehmende P r o d u ct i o n s k r a f t der Erde betrifft, so schrieben
Anaximander, Anaxagoras, Empedocles, Parmenides u. A. diese der Ein-
wirkung der Sonnenstrahlen auf die feuchte und schlammige Oberfläche
der Erde zu; die ersten Keime derselben aber liegen schon in den Ele-
menten selbst, weshalb auch vom Empedocles die verschiedenen Produkte
und ihre einzelnen Bestandtheile vorzugsweise auf ein Element als ihren
Hauptbestandtheil zurückgeführt werden. Zuerst entstanden , wenn sich
faulendes Wasser mit verschiedenen Erdarten vermischte, die Pflanzen
(die Einige auch für Thiere mit unvollendet gebliebenem Organismus hiel-
ten), dann die lebenden Geschöpfe, welche beide Gattungen nach und nach
bei sich weiter ausbildendem Organismus die Fähigkeit erhielteu sich selbst
fortzupflanzen, während die Erde, die, durch Sonne und Wind ausgetrock-
net, eine immer härtere Rinde bekam, die Kraft verlor, grössere lebende
Wesen aus sich selbst hervorzubringen. (Denn kleinere Thiere liess man
auch späterhin aus Schlamm, Sand und Fäulniss entstehen. Auch austhau
und Regen sollten sich wenigstens Insekten und Gewürm erzeugen. Einige
glaubten sogar, dass die auf der Erde lebenden Geschöpfe ihren l rsprung
den Gestirnen verdankten, aus denen verschiedenartiger Same in Menge
auf die Erde und in das Meer herabfalle.) Der Mensch, das letzte Produkt
der Schöpfung, hatte sich nach Anaximander u. A. auch erst nach und