1832 -
Leipzig
: Brockhaus
- Autor: Raumer, Karl von
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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§. 288.
Anderweitige
ähnliche Vor-
kommnisse.
ist. Wahrscheinlich zogen sich eine lange Reihe von Jahren
hindurch jene Baren der Vorwelt in diese Höhle zurück, wenn
sie ihren Tod nahe fühlten; die Gewohnheit von Hausthie-
ren und Vögeln, bei Annäherung ihres Todes sich zurückzu-
ziehen und zu verbergen, macht es wahrscheinlich, daß wilde
Thiere das Gleiche thun.
Man kannte schon früher Knochenbreccken in mehren
Küstengegenden des mittelländischen und adriatischen Meeres:
bei Gibraltar, Antibes, Nizza, Cette, Pisa, in Dalmatien,
Jllyrien; auf den Inseln Korsika, Sardinien, Sicilien, Ce-
rkgo. In denen von Nizza, Antibes und Pisa fand man
Reste untergegangener Thiere. Dies und das Vorkommen
der Knochen in Spalten und Höhlen mit Lehm, Rollkieseln,
Tropfsteknüberzügen, beweist vollkommen ihre Uebereinstimmung
mit den beschriebenen diluvischen Vorkommnissen in Höhlen
und Spalten des engländischen und deutschen Kalksteins. Reste
von Elephanten und Rhinocerossen fand man auch in einem
aufgeschwemmten Kalkfelsen bei Tarif« (südwestlich von Gi-
braltar) s). Eine Menge anderer Lokalitäten durch ganz
Europa hat Cüvier in seinem ausgezeichneten Werke über die
fossilen Knochen aufgeführt. —
Da nun Herr Buckland bewiesen hat, daß die Thiere
der Vorwelt, von denen diese Reste herstammen, in den Lan-
dern selbst gelebt haben, wo sich diese Reste finden, so folgt
aus dem Vorkommen der Knochen in den meisten Landern
Europas, in Sibirien, Nordamerika, daß diese Lander
vor der Sündflut wie nach der Sündflut festes
bewohntes Land waren, daß mithin durch die
Sündflut keine solche Verwandlung der Erd-
oberfläche statt gefunden habe, wodurch früheres 5
5) In England, Deutschland, bei Gibraltar, Nizza finden sich
Knochen (auch menschliche), Urnen, Bouteillen zum Theil in den-
selben Spalten, in welchen die diluvischen Reste augenscheinlich
sind, diese aber sind spätern, postdiluvischen Ursprungs. Bei
Köstritz fand man zwar Menschenknochen 8 Fuß unter Rhinoceros-
knochen, doch glaubt Herr von Schlotheim, daß Menschen- wie
Rhinocerosknochen erst in späterer Zeit (nach der Sündflut) zu-
sammengeführt worden seien, letztere aus höheren Höhlen herab,
in denen jetzt noch Rhinocerosknochen gefunden werden. Herrn
Buckland ist es unwahrscheinlich, daß man je vorsündflutliche Men-
schenknochcn in den europäischen Gegenden finden werde, wo, nach
den Resten zu urtheilen, Hyänen, Bären und andere Bestien herrsch-
ten; mit Herrn Weaver glaubt er aber, daß man dagegen in
Asien — der Wiege des Menschengeschlechts — Menschcnreste aus
der Sündflutzeit finden dürfte.