1858 -
Osnabrück
: Rackhorst
- Hrsg.: Lansing, Franz, ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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größeren Entfernungen sichtbar sein, als wirklich der Fall ist.
Der über 11000 Fuß hohe Pie de Teyde auf Teneriffa, der,
wenn die Erde eine flache Scheibe wäre, bei reiner Luft auf
mehrere hundert Meilen dem bewaffneten Auge sichtbar bliebe,
verschwindet schon in einer Entfernung von 29 Meilen selbst in
den besten Ferngläsern. Es bleibt daher zur Erklärung dieser
Erscheinung nur die schon oben ausgesprochene Annahme übrig,
und weil die Meeresfläche über Zweidrittheile der gesummten
Erdoberfläche ausmacht, und die Flachländer, wo die Erscheinung
dieselbe ist, wie auf dem Meere, einen größeren Raum einneh-
men, als die Gebirgsländer, so berechtigt uns die Allgemeinheit
dieser Erscheinung zu Wasser und zu Lande zu dem Schlüsse,
daß die Krümmung der Erdoberfläche überall stattfinde, daß also
die Erde eine abgerundete Gestalt haben müsse. Zu demselben
Ergebniß führt uns die Beobachtung, daß überall auf Land-
und Meeresflächen der kreisförmige Horizont in stets unverän-
derter Gestalt sich nach allen Richtungen mit dem Beobachter
dergestalt fortbewegt, daß dieser sich überall in seinem Mittel-
punkt befindet, was nur auf einem runden Körper möglich ist.
Zwei Beobachtungen anderer Art führen nicht nur zu dem-
selben Resultat, sondern bringen uns auch um einen entscheiden-
den Schritt weiter. Bekanntlich sind in den weiter östlich ge-
legenen Ländern seit der Zeit, da ihnen am Morgen die Sonne
über dem Horizonte erschienen ist, schon mehrere Stunden ver-
flossen, drei z. B. wenn sie 45 o östlicher liegen, wenn sie denen,
welche mehr westlich liegen, eben erst aufgeht. So geht den
Chinesen die Sonne unter, während es in Deutschland Mittag
ist, und dis Freistaaten am Missisippi noch einige Zeit warten
müssen, bis ihnen die Sonne den neuen Tag bringt. Offenbar
geht also die Sonne den östlichen Ländern früher auf, als den
westlicher gelegenen. Wenn die Erde eine flache Ebene wäre, so
verhielte sich dies ganz anders; denn alsdann müßten im Mo-
mente des Sonnenaufganges die Lichtstrahlen wegen ihrer außer-
ordentlichen Geschwindigkeit gleichzeitig die ganze Ebene beschei-
nen, es müßten alle Orte der Erde Morgen haben, statt daß
sie in demselben Momente in Wirklichkeit verschiedene Tages-
zeiten zeigen. Dies läßt sich nur durch eine bogenförmige
Krümmung oder Wölbung in der Richtung von Osten nach
Westen rings um die-Erde erklären, und zwar muß diese Wöl-
bung eine im allgemeinen vollkommen gleichförmige sein, weil
gleichen Längen allemal gleiche Zeitunterschiede entsprechen. Der
östlich Wohnende sieht die Sonne, die sich von Osten nach