1858 -
Osnabrück
: Rackhorst
- Hrsg.: Lansing, Franz, ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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vergrößert haben sollen, ist Wohl behauptet worden, aber eben
so wenig bewiesen, wie eine beständige Abnahme des Klimas
oder der Mittlern Iahreswärme, welche man gleichwohl aus jener
Vermehrung der Gletscher hat ableiten wollen. Von mehreren be-
sonders der ausgedehnten Gletscher ist es aber allerdings aus-
gemacht, daß sie eher größer als kleiner geworden, daß sie seit
Jahrhunderten bedeutende Strecken weiter ins Thal herabgestiegen
sind. Beim Aargletscher z. B. beträgt dieses Dorrücken seit meh-
reren Jahren 8 Meter (24 Fuß) jährlich. Auch die Pasterze am
Großglockner hat sich seit dem letzten Jahrhundert bedeutend
vergrößert. Nur in sehr hohen Alpentheilen und an Gletschern
zweiter Ordnung kommen jene Fälle vor, wo Gletscher, die wirk-
lich größer geworden, auch größer geblieben sind. Ueber den
Vernagtgletscher in der Oetzthalgruppe, welcher mehrmals ein be-
deutendes Terrain eroberte und sich in andern Perioden wieder
zurückzog, dabei auch die aus höher gelegenen Gletschern kom-
menden Bäche aufstaute und dadurch sehr große Ueberschwem-
mungen veranlaßte, reichen die Nachrichten bis zum Jahre 1599
zurück. Seitdem dehnte sich die Gletschermasse fünfmal bis zu
den Felsen eines gegenüber stehenden Berges aus, und die Länge
des Gletschers vergrößerte sich dabei um 5000 Fuß. Seine größte
Länge erreichte er in den Jahren 1601, 1677 oder 1678, 1772,
1822 und 1845. Während beim Vorrücken die Strecke vom ge-
wöhnlichen Gletscherende bis zu der ein nicht zu überschreitendes
Ziel setzenden Querwand gewöhnlich in einem bis drei Jahren
ausgefüllt wurde, war die Dauer des allmählichen Zurückziehens
bis zur gewöhnlichen Größe in den verschiedenen Perioden sehr
ungleich und betrug in der zweiten Periode nicht weniger als
34 Jahre.
Die eben beschriebene Ortsveränderung, welche man die
Oscillationen oder Schwankungen in dem Stande des Gletscher-
endes nennt, und welche hauptsächlich das Ergebniß aus dem
jährlichen Abschmelzen und der Bewegung ist, darf, wie bereits
angedeutet, nicht mit der eigentlichen Bewegung der Glet-
scher verwechselt werden, d. h. mit jenem Fortschreiten der gan-
zen Eismasse nach der Tiefe, welches sich an allen Punkten,
jedoch in sehr verschiedener Größe, äußert. Die Thatsache, daß
die ganze Masse des Gletschers, sowie die des ihn nährenden
Firns in einer fortwährenden Bewegung begriffen ist, hat ihn
in den Augen mancher altern phantasiereichen Naturforscher sogar
als ein organisches Wesen erscheinen lassen, und man hat eine
Theorie von dem Lebensprincip und dem organischen Wachsthum