1858 -
Osnabrück
: Rackhorst
- Hrsg.: Lansing, Franz, ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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haben hier, wie in andern Gegenden Deutschlands, namentlich
in Rheinland und Westfalen, früher nur schwach betriebene Gru-
den käuflich an sich gebracht, die sie jetzt mit der ihren Nationen
eigenen Energie und Ausdauer ausbeuten. Noch unlängst hat
der Erzherzog Stephan, der sich hier ein herrliches Schloß,
Schaumburg an der Lahn, gebaut hat, das Silberbergwerk Holz-
appel an eine französische Gesellschaft verkauft. Die Bergleute
werden gut bezahlt und verdienen oft die Woche bei achtstündi-
ger täglicher Arbeit 6 bis 8 fl.
Daß auch die Viehzucht in Nassau vorzüglich sei, beweisen
schon die großen Westerwäldner Zug-Ochsen, die am Mittel- und
Niederrhein nicht weniger bekannt und gesucht sind, als an der
Nahe und Mosel ihre noch nach altrömischer Weise mit dem
Kopfe ziehenden Birkenfelder Brüder vom Hundsrück.
Wenn auch die eigentliche Industrie oder Fabrication im
engern Sinne von geringer Bedeutung ist, so dürfen wir doch
eine besondere Art, die sogenannte Kannenbäcker-Industrie hier
nicht übergehen.
Das Kannenbäcker Land ist ein Strich des Engergaues
am westlichen Abhange des Westerwaldes, ausgezeichnet durch
die Mächtigkeit (20 — 30 Fuß) seiner über mehre Ouadratmeilen
ausgedehnten Thonlager. Hier hat sich seit noch nicht langer Zeit
eine bedeutsame Industrie entwickelt. Millionen von Mineral-
wasserkrügen, Kannen und Töpfen (sogenanntes „steinernes Ge-
schirr") und irdenen Pfeifen werden hier jährlich gebacken und
in alle Welt versendet. Dazu kommt eine bedeutende Ausfuhr
des Rohstoffes, indem Millionen von Thonschollen in die Stein-
gut- und Porcellanfabriken Frankreichs, Englands, Skandinaviens,
Rußlands u. s. w. verführt werden. Die Einwohner des Kannen-
bäcker Landes gehen selbst nach diesen Ländern und betreiben
den Handel mit diesem Rohstoff im großen. Ein großer Theil
der deutschen Mineralbrunnen wird von hier aus mit Krügen
versehen, wovon Selters allein über 2 Millionen verbraucht.
Das sogenannte „steinerne Geschirr" oder „Coblenzer Steingut"
geht über ganz Europa, besonders den Süden, weil sich Wasser,
Butter ic. darin vortrefflich erhält. In neuerer Zeit brennt man
auch große Röhren für Wasserleitungen, Fässer für Sauerkraut,
sogar macht man Versuche, größere Weinfässer zu backen. Die
irdenen Pfeifen (sogenannte „Cölnische Pfeifen"), welche bisher
ihren besten Markt in Italien, Frankreich und den Niederlanden
hatten, haben sich trotz der Verbreitung der Cigarren auch noch
in neuester Zeit, z. B. in der Londoner Indnstrieausstcllung