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1. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 343

1858 - Osnabrück : Rackhorst
343 freien Thierlebens. Beide contrastieren in merkwürdiger Weise und ringen um den Besitz oder wenigstens um den Genuß jener Ge- birgshöhen, welche die Natur ursprünglich ihren treuen Lieblingen vorzubehalten schien. Bis auf die steilsten Hörner hinauf, bis an die breiten gewölbten Schneefelder hin, welche in die dünne Ra- sendecke der obersten Weiden herunterreichen, ja selbst bis zu den armseligsten Oasen der Gletscherwelt, geht der stille Kampf um das Mein und Dein des würzigen Alpenkrautes, der kümmer- lichen Felsenstaude. Die freien grasfressenden Thiere erlisten ihre Nahrung, der offenen Uebermacht der zahmen weichend, in nächt- lichen Stunden oder an den einsamsten Stellen und ungescheut nur dann, wenn die Thiere des Thales die usurpierten Höhen noch nicht bezogen oder sie wieder verlassen haben. Selten treten sie in Freundschaft zu diesen und theilen friedlich das gemeinsame Gut; selten mischt sich eine Gemse zu dem kletternden und na- schenden Volke der Ziegen, nie ein Dachs, ein Murmelthier, ein Steinbock oder ein Berghase. Eine Spur des verfolgenden, tödten- den Menschen hängt auch an den' thierischen Genossen seines Lebens und verbreitet die gleiche Scheu, den gleichen Schreck über das freie Thierleben, wie der Mensch selber, wenn er mit seiner sicher treffenden Waffe die Bewohner der hohen Alpen ängstigt. Kaum daß die Flühlerche oder der Wasserpuper ohne große Vorsicht zwischen den Herden fliegt — die Berghühner bergen sich mit feiner Behutsamkeit, wenn sie die Tritte des nahenden Viehes am Boden spüren. Die reißenden Alpenbewoh- ner dagegen, eröffnen mit diesem, wo es immer geht, einen oft ergiebigen Kampf. Da geht der Wolf und der Bär den unge- hüteten Schafen und Kälbern nach, lauert der Luchs an der Quelle auf das durstige Rind und sucht der Lämmergeier in toll- kühnem Uebermuth selbst den weidenden Bullen vom schmalen Felsenbord in die Tiefe zu scheuchen. Gegen diese absoluten Herren wehrt sich der Mensch seines Eigenthums in einem ewigen Ver- nichtungskriege und triumphiert über die endlich erlistete könig- liche Beute. Die zahmen Alpenthiere bilden für uns eine um so noth- wendigere Staffage der in ihrer massenhaften Größe fast erdrücken- den Alpendecorationen, als die wilden viel zu unstet und spär- lich wären, diese zu ersetzen. Den Bergen fehlte der halbe Reiz, wenn der Mensch nicht mit seinen kleinen Hüttenasylen ein Wahr- zeichen hinsetzte, daß er ein Herr der Welt sei, auch der unge- bundensten, auch der, die ihm alle Größen und alle Schrecken ent- gegentürmt, über die sie zu verfügen hat, wenn er da nicht
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