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1. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 356

1858 - Osnabrück : Rackhorst
356 Pflanzcnwuchses, der uns nach längerer Entbehrung erst recht entzückt, das freundliche Städtchen (Ragatz, wo der berühmte deutsche Philosoph Schelling, gest. 1854, begraben liegt), die dunkelblauen Felsen über dem Strom, die Ruinen auf frisch be- grünten Hügeln und die tiefen Farben der Abendluft könnten uns vollständig befriedigen, wenn nicht der fchlammfarbige Rhein zerstörungssüchtig sich mit seinem Geröll weit und breit umgürtet und das Grüne von dem Grünen durch eine steinige Oede ge- schieden hätte. Im Ragatzer Hof, der eine kleine Stadt für sich vorstellt, war es noch ziemlich lebhaft, obgleich die Saison sich ihrem Ende zuneigte; am andern Morgen füllte sich die Post vollständig mit abziehenden Gästen, die sämmtlich den Weg über den Wallen- städter See nach Zürich einschlugen. Wir allein blieben dem Rhein getreu und fuhren hinein in die grüne Pracht des St. Galler und Appenzeller Landes. Es war ein duftiger Morgen, der Himmel tief dunkelblau und die Berge umspielt von blen- dendem Wolkendampf, der uns zur Rechten und zur Linken ge- waltige mit Schnee gezierte Bergzacken bald enthüllte, bald verschleierte z. B. links die Sentiswand (7700'), während rechts auf dem Saum des sonnigen Rheinthals mit feinem Obstrevier die hohen schirmenden Bergwände des kleinsten deutschen Fürsten- thums Liechtenstein ihre blauen Schatten warfen. Das ganze St. Galler Land ist nur ein großer Garten, und hoch oben auf dem Postwagen müssen wir uns der belaste- ten Zweige wehren, die, mit Aepfeln und Birnen schwer behän- gen, uns mit ihren Schlägen derb begrüßen. Höfe, Ortschaften, Dörfer, Städtchen folgen sich in dem wohlangebauten, fleißigen Lande. Wir schauen hinein in das obere Stockwerk der säubern Häuser, deren Außenwände mit hölzernen Schuppenziegeln bekleidet sind, und überall vor dem trommelartig ausgefpannten Musse- lin, im Erdgeschoß, im obern Stock, im bunten Blumengärtchen, im Schatten der Scheune oder unter dem Nußbaum im Freien sitzen Kinder und Erwachsene, Frauen und selbst Männer am Stickrahmen und schaffen mit ihrer Nadel die Muster in den klaren Baumwollenstoff zu Vorhängen und luftigen Sommerklei- dern. So geht es ohne Unterbrechung fort, bis die hohen, zacki- gen Gipfel allmählich sich abrunden und die Berge dann in sanfte Hügelwellen sich senken, bis jetzt vor uns ein niederer Horizont sich öffnet, der hinter seinen buschigen Grenzen die Fläche des schwäbischen Meeres (Bodensees) verräth. Theilweisk nach der Allgem. Zeitung.
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