1858 -
Osnabrück
: Rackhorst
- Hrsg.: Lansing, Franz, ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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die Annehmlichkeit darbieten, ihr Haus allein zu bewohnen, was
besonders die Engländer lieben nach ihrem Grundsatz: „Mein
Haus ist meine Festung" (my house is my fortress). Uebrigens
besitzen viele Familien, namentlich Engländer, in Nizza ihre eig-
nen Landhäuser, die sie während der Wintersaison beziehen, und
es scheint, daß diese Sitte zunehmen werde. Ein Umstand ist
hierbei nicht unerwähnt zu lassen, nämlich die allgemeine Klage
aller Nordländer, die den Winter im Süden zubringen, daß sie
in den Zimmern die gewohnte wohlthuende Wärme vermissen.
Ein bekanntes Sprichwort der Nordländer sagt, nirgends sei der
Winter angenehmer, als in Rußland und nirgends unangenehmer,
als in Italien.
Auch in Nizza empfindet man gar sehr die Kälte in den
Wohnungen; denn auch hier sind die großen hohen Fenster, die
steinernen Fußböden und die mangelhafte Heizung durch Kamine
Ursachen dieser schwer zu überwindenden Unbehaglichkeit. Da der
Südländer aber gewohnt ist, größtentheils außerhalb des Hauses
zu leben (wie dies der Engländer ja schon vom Franzosen sagt:
the French are an out-of-doors-people), und es hier vielmehr
darauf ankommt, die Hitze abzuhalten und die Zimmer kühl zu
machen, als während der wenigen Wintermonate ein nach nord-
ländischen Begriffen geheiztes Zimmer zu haben: so muß man
suchen, sich in dieser Hinsicht zu acclimatisieren, was so gar schwer
nicht sein kann, da draußen am Tage das Thermometer selten
unter -s- 5 Grad sinkt, vielmehr gewöhnlich zwischen 8 bis 10
Grad über 0 bleibt. Wenn auch die Heizung durch Kamine — denn
Defen findet man in Italien, wie auch in Frankreich und England,
selten — nicht die gewohnte gleichmäßige Wärme gibt: so hat
doch ein solches aus pommes de pin (einer Art großer Kien-
äpfel) und Olivenholz bestehendes Kaminfeuer etwas sehr poetisches
und belebendes. —
An Aerzten und Apotheken ist natürlich in Nizza, wo so
viele Kranke sich aufhalten, kein Mangel. Außer 25 Docteurs
en médieine et en chirurgie, 6 Docteurs en chirurgie et
12 Chirurgiens gibt es noch viele fremde Aerzte, die entweder jähr-
lich zur Saison hierher kommen, oder von größern Familien mitge-
bracht werden. Namentlich unter den fremden Aerzten gibt es
mehrere sehr ausgezeichnete und gesuchte Homöopathen, unter den
13 Apotheken auch einige homöopathische. Auch eine neuerrich-
tete Kaltwasser-Heilanstalt (établissement hydroiatrique) gibt
es. Obwohl man hier auch sehr gute Molken bekommt (denn
man kann beinahe den ganzen Winter frisches Gras zur Fütterung