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1. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 430

1858 - Osnabrück : Rackhorst
430 Es war ein feierliches Erwachen am ersten Morgen, der mich in Jerusalem begrüßte. Kaum graute der Tag, so zitterte meine Seele schon vor Erwartung dessen, was sie sehen sollte. Nur ein paar Schritte noch — und wir treten in die Grabes- kirche. Fast bangte mir, festen Fußes aufzutreten, und ich wußte, warum der Prophet, als sein großer Beruf ihn in die Nähe Gottes riß, die Füße entblößte, ehe er dem Heiligsten nahte. Zu Christi Zeit lag diese Stätte außerhalb der Stadtmauern; doch haben sich dieselben seitdem erweitert und umschließen nun den heiligen Ort. Kaiser Hadrian hatte aus der Stätte der Kreu- zigung einen heidnischen Tempel aufführen lassen, um den Wall- fahrten der verhaßten Christen ein Ende zu machen, allein eben dadurch ward sie im bleibenden Gedächtniß der Menschheit er- halten und ohne Schwierigkeit konnte die kaiserliche Pilgerin He- lena sie wiederfinden. Ja am Fuße des Berges fand man unter dem hinweggeräumten Schutte die Grotte des heiligen Grabes, ganz wie die Sage der früheren Menschenalter sie beschrieben. Bald erhoben sich auf der ganzen Stätte christliche Kapellen, und obwohl dieselben durch Feuer und alle jene kriegerischen Ereig- nisse, welche über Jerusalem hereingebrochen sind, oftmals zerstört wurden, so verband man die einzelnen heiligen Orte des Grabes, der Kreuzigung und der Kreuzauffindung unter einem Gebäude bereits 1048, und als dasselbe 1808 vom Feuer zum größten Theile verwüstet ward, so ward es schon im folgenden Jahre, meist durch Rußland, wiederhergestellt. Die verschiedensten christ- lichen Parteien haben sich in die Räume des hehren Heiligthums getheilt; doch ist dasselbe leider nur zu oft eine Stätte des ärgerlichsten Streites, da jede Partei Ansprüche auf der anderen Eigenthum erhebt, so daß nicht selten die türkische Besatzung die Streitenden mit Gewalt auseinandertreiben muß. Diesen Schieds- richtern begegnen wir auch gleich am Eingänge, wie sie in einer großen Mauernische auf Teppichen und Polstern kauernd aus langen Pfeifen Taback rauchen und Kaffee schlürfen. Ein groß- artiger Rundbau mit zwei Stockwerken von Bogengängen, welche Gebetsplätze für verschiedene Confessionen enthalten, erhebt sich nun. Im Mittelpunkte dieses Gebäudes, gerade unter der hohen Kuppel, steht eine zweite kleinere Kirche, das Vorbild der grö- ßeren, die Kapelle des heiligen Grabes mit der engen Grabes- höhle. Ohne daß ich wußte, wie mir geschah, war ich aus dem Grabesmysterium herausgetreten und stand auf der Terrasse der Kirche. Da lag sie vor mir, die Stadt der heiligen Vorzeit, wie
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