1858 -
Osnabrück
: Rackhorst
- Hrsg.: Lansing, Franz, ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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der Gesetzgebung, der Despotie, der Industrie der Chinesen u. s. w.
läßt sich allein ihre Geschichte und ihr gegenwärtiger Zustand
erklären; diese und alles andere, was eben da sich erzeugte, er-
hielt schon jenes eigenthümliche Gepräge zur Mitgift, dessen
Grundursache wir eben nicht entziffern können. Nur so viel läßt
sich abnehmen, daß jene Erscheinungen insgesammt nicht außer-
halb des Kreises der Localität stehen, in der sie aufgetreten, und
daß der Naturtypus mit zu diesem Ganzen der Erscheinung ge-
hört. China ist eben eine Welt für sich, in physikalischer wie
in anthropologischer und politischer Hinsicht, wenigstens bis jetzt
gewesen. Sehr einförmig in sich, sehr genau verbunden unter
sich, sehr abgesondert und geschieden von allem Uebrigen, in je-
der Hinsicht zu Wasser und zu Lande sehr schwer zugänglich für
alles Fremde. So einartig wie die Physiognomie der großen
Provinzen des Reiches, so einförmig scheinen Flora und Fauna,
Klima und Art des einzelnen Menschen nach Physiognomie, Ge-
stalt, Bildung. Ebenso einartig sind über ein so ungeheures
Areal dieselbe Garten- und Ackercultur verbreitet, dieselben In-
dustriezweige und Fabricate, dieselben Sitten und Manieren, der-
selbe Volkscharakter von einer Grenze des Reichs zur andern.
Ebenso einsilbig ist ihre Sprache, so beengt und doch in sich
vollendet die Bearbeitung ihrer Künste, ihrer Wissenschaften, so
abgeschnitten und beschränkt ihr ganzer Ideenkreis. Ihre Philo-
sophie besteht nur aus Maximen der Moral und Politik, voll
des feinsten Calculs; ihre Religionsparteien können ohne große
Differenzen neben einander bestehen. Muhamedaner, Lamadiener *),
Buddhisten, Heiden aller Art und selbst europäische Jesuiten sind
dort zu ächten Chinesen geworden. Nicht bloß das Plateau von
Hochasien, das sie von drei Seiten umschließt und von der übri-
gen Welt in der That ganz abgesondert, auch ihre Sprache und
Schrift bildet eine ebenso unzugängliche Barriere zu ihnen, wie
ihre Gefühlswelt, und daß es ebenso mit ihrem Ideenkreise sein
mag, haben alle die verunglückten Gesandtschaften hinlänglich
bewiesen. So scharf geschnitten wie ihre Physiognomie, deren
Form schon Ormes dadurch bezeichnet, daß sie so breit als lang
sei, ist auch die Physiognomie und Form des Landes, viereckig,
und ihr Selbstbewußtsein zu einer Schärfe gesteigert, die in Er-
staunen setzt. Ueberhaupt macht es nur die gewonnene Einheit
und Harmonie ihrer Cultur mit ihrer Natur begreiflich, wie sie
in sich befriedigt, in allem am Alten hängen, alles neue und
fremde für überflüssig halten, ein stationäres Volk bei einer
‘) Vergl. S. 421.