1858 -
Osnabrück
: Rackhorst
- Hrsg.: Lansing, Franz, ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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im Auge behielt, dem konnte die schon vor mehreren Jahren
aufgetauchte Behauptung, daß auch Amerikaner an jenem ein-
träglichen Geschäft Antheil hätten, trotz der vielseitig und augen-
fällig zur Schau getragenen Religiösität und Moral, nicht un-
glaublich erscheinen.
Allein der neuesten Zeit war es Vorbehalten, dieser Vermu-
thung die augenfälligste und klarste Bestätigung zu geben; die
nachstehenden Thatsachen verdanken wir der unbeschränkten Oeffent-
lichkeit des amerikanischen Gerichtsverfahrens.
Im Spätjahr 1854 wurde in der Stadt New-Port vor
einem Gerichtshof der Vereinigten Staaten ein Mann des
Sclavenhandels angeklagt, dessen actenmäßig festgestellte Angaben
über den gegenwärtigen Umfang des Sclavenhandels und die
Art seines Betriebes ein überraschendes Licht verbreiteten.
New-Pork — so behauptet dieser Mann, Capitän Smith,
— bildet den Haupt- und Centralpunkt für den gesammten
Sclavenhandel, wie er bis zum heutigen Tage noch auf der
westlichen Hemisphäre im Schwünge ist. Weder in irgend einer
Stadt Cubas, noch Brasiliens wird das Geschäft in solchem
Umfang, mit so beträchtlichem Capital und in so großartigem
Maßstab betrieben. Wenn auch nicht immer die Eigenthümer der
Schiffe, die eigentlichen Unternehmer des Geschäfts, in New-Pork
ansässig sind, so werden doch die für den Sclavenhandel bestimm-
ten Fahrzeuge dort ausgerüstet, und Handelsfirmen von bedeu-
tendem Rufe nehmen keinen Anstand, sich dabei zu betheiligen.
Auch in andern Seestädten der atlantischen Staaten, wie in
Boston, Philadelphia, vorzüglich aber in Baltimore, werden fort-
während Sclavenschiffe, die nach der afrikanischen Küste bestimmt
sind, ausgerüstet; keine andere Stadt aber kann sich mit New-
Uork messen. Im Jahr 1853 haben den Hafen von New-Pork
35 solcher, nichts weniger als mit besonderer Vorsicht ausgerüste-
ten Fahrzeuge verlassen, ohne daß auch nur in einem einzigen
Falle von den Behörden ein beträchtliches Hinderniß in den
Weg gelegt worden wäre. Im Laufe des Jahres 1854 war das
Geschäft etwas gedrückt, doch sind mindestens 20 Schiffe allein
von New-Pork abgegangen. Die für den Sclaventransport die-
nenden Schiffe sind gewöhnlich kleine, scheinbar nur für den
Küstenhandel bestimmte Fahrzeuge von 200 bis 500 Tonnen,
die meisten derselben werden mit besonderer Berücksichtigung ihres
Zweckes auf den Schiffswerften der Neu-Englandstaaten (Maine,
New-Hampshire, Massachusetts, Rhode-Island, Connecticut und
Vermont) gebaut und von da nach New-Pork gebracht, um die
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