1862 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Kulturstufen. §. 12.
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tí)um leben von Jagd oder Fischfang, sie müssen die Mittel
zu jener Befriedigung immer wieder von neuem erwerben, während die
Völker mit Eigenthum nur die Früchte, den Ertrag ihres
Besitzes genießen, das Kapital aber ungeschmälert bebakten. Diese
letzteren sind, je nachdem ihr Eigenthum entweder in gezähmten
Thieren, deren Milch und Fleisch sie genießen,- besteht, oder in
dem durch Arbeit veredelten Boden, theils Wandervölker oder
Nomaden, theils ansäßige Völker. Die erstern stehen also
den Völkern ohne Eigenthum näher, in sofern auch sie keinen festen
Wohnsitz haben. Die Ansäßigen verbinden mit dem Anbau des
Bodens, als ihrer Hauptnahrungsquelle, zugleich die Beschäftigun-
gen der Naturvölker: Jagd, Fischfang, Viehzucht, in sofern es die
Beschaffenheit ihres Landes gestattet. Bald beschränken sie sich nicht
mehr auf die blos unmittelbare Benutzung des Ertrages ihres
Besitzthumes, sondern es tritt das Handwerk hinzu, um die na-
türlichen Producte den mannichfaltigsten Bedürfnissen anzupassen,
und wenn die Quantität des Ertrages das eigene Bedürfniß über-
steigt, so führt der Handel den Ueberflnß an Producten der Natur
und des Gewerbfleißes andern Völkern zu, und tauscht dafür fremde
Erzeugnisse ein. Die höchste Stufe der Cultur erreicht ein Volk
aber erst dann, w.enn neben der Befriedigung der materiellen Be-
dürfnisse auch ein geistiges in ihm erwacht ist, und wenn es gelernt
hat, diesem durch Wissenschaft und Kunst zu genügen.
Gleichwie Westasien der geographische Mittelpunkt des Menschen-
geschlechtes ist (s. S. 27), so ist es auch die Wiege der Cultur (vgl.
2. Abschnitt, D). Diese verbreitete und entwickelte sich vorzugsweise
unter dem Klima der gemäßigten Zone, welches den Menschen durch den
raschen und vielfachen Wechsel der natürlichen Verhältnisse (Temperatur,
Jahreszeiten) zu einem beständigen, aber erfolgreichen Kampfe mit der
Natur auffordert, die sich hier ihre Gaben nur abringen läßt. Dagegen
fordert die verschwenderische Natur der tropischen Welt gar nicht zur
Anstrengung auf und läßt den Menschen in Unthätigkeit versinken und
erschlaffen, und in der kalten Zone kämpft der Mensch zwar auch mit
der Natur, aber ohne besondern Erfolg, einen verzweiflungsvollen Kampf.
Daher sind die Südcontinente und die durch ihre bedeutende vertikale
Erhebung fast polarartigen Regionen Mittelasiens der Hauptschauplatz
des Nomadenlebens, wähbend die Bewohner Europas, Nord- und Mit-
telamerikas, West-, Süd- und Ostasiens säst ausschließlich ansäßige
Völker sind.
Mit der Culturstufe hangen auch die staatlichen Verhält-
nisse der Völker zusammen. Die Wandervölker mit und. ohne
Eigenthum bilden keinen Staat, sondern leben unter der patriarcha-
lischen Leitung eines Familienältesten oder Häuptlings. Nur bei
den ansäßigen Völkern bilden sich nach bestimmten Gesetzen orga-
Pütz, Lehrbuch d. vergl. Erdbesch. 4. Aun. 3