1862 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
322 Stammverschiedenheit der Bevölkerung Rußlands. §. 63.
zelne Völker mit fast ebenso vielen verschiedenen Sprachen und Dialecten
aufgezählt hat, allein ein Hauptstamm, der slavische, ist so vorherrschend,
daß, wenigstens in dem europäischen Rußland, eher eine ethnographische
Gleichförmigkeit als Mannichfaltigkeit vorhanden ist.
A. Zum indo-europäischen Stamme gehören:
a. Die Slaven (51 Mill.) ') bewohnen die sarmatische Ebene mit
Ausnahme einiger Grenzregionen, denn vom baltischen Meere sind sie
durch Germanen und Letten, vom Eismeere und vom nördlichen Ural
durch Finnen, vom südlichen Ural und den caspischen Steppen durch
Türken und Kalmücken getrennt. Sie bilden % der gesammten Bevöl-
kerung und zerfallen in
aa. die Ostslaven oder Russen (45 Mill.), welche wieder in
Großrussen und Kleinrussen (auch Rothrussen, Rusniaken oder
Ruthenen genannt) unterschieden werden: jene bewohnen die verhältniß-
mäßig dicht bevölkerten Centralprovinzen Rußlands und sind das eigent-
lich herrschende Volk, diese, zu welchen gewöhnlich auch die russischen
Ko sacken gerechnet werden, bilden die Hauptbevölkerung in dem nach
ihnen benannten Kleinrußland (Ukraine) und in Südrußland. Beide
reden dieselbe Sprache, aber in verschiedenen Dialecten, und bekennen
sich zur griechischen Kirche.
Die russischen Kosacken sind keineswegs ein Volk, sondern zum Reiterdienst
verpflichtete Colonisten, welche im 15. Jahrhundert vor den Mongolen in den
Steppen am Dniepr und Don ein Asyl gefunden hatten. Daher theilen sie sich
in a. die saporogischen (d. h. unterhalb den Wasserfällen — Porogi —
des Dniepr), welche von der Kaiserin Katharina Ii. nach Auflösung ihrer mili-
tärischen Republik Wohnsitze zwischen dem asowschen Meere und dem Kubanfluß
erhielten und dort unter dem Namen Kosacken des schwarzen Meeres
die Grenzwächter gegen die asiatischen Steppenvölker wurden, ß. die Don'schen
Kosa cken, welche ein stets marschfertiges Corps leichter Reiterei bereit halten.
Dazu sind in neuerer Zeit, namentlich in Tsch ern omo r i en an der Ostseite
des asowschen Meeres und an der caucasischen Linie, zahlreiche großrussische An-
siedler und übergetretene caucasische Stämme gekommen. Auch gibt es unter
andern Völkerstämmen bewaffnete Reitercorps unter dem Namen Kosacken (die
astrachanischen, orenburgischen, uralischen, sibirischen Kosacken).
bd. Die Westslaven oder Polen (6 Mill.), welche sich in Sprache
und Religion von den Oftslaven unterscheiden, die Hauptbevölkerung
Polens bilden und in den angrenzenden Landestheilen zahlreich vor-
handen sind.
b. Die Letten (2 Mill.), ein mit den Slaven verwandter Völker-
stamm in dem Riemen- und Düna-Gebiete, welcher die Lilthauer,
die Letten im engern Sinne und die Kuren umfaßt.
c. Deutsche (3/4 Mill.) sind theils schon am Ende des 12. Jahr-
i) Die hier angegebenen Zahlen beruhen auf einer frühern Zählung oder
vielmehr Schätzung, werden daher jetzt etwas zu gering sein.