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1. Lehrbuch der Erdkunde enthaltend die Grundlehren der mathematischen, physikalischen und politischen Geographie sammt der Länder- und Staatenkunde aller fünf Erdtheile - S. 81

1870 - Halle : Schwetschke
Das Chinesische Reich. 81 Fleiß angebaut. Goldlager. Das Klima bietet starke Gegensätze dar, größtentheils kalt, die Getreideernte findet oft unter Schneegestöber statt. 2. Die Tibetaner bilden den Uebergaug von der kaukasischen zur mongolischen Race. Sie bekennen sich zum Buddhismus, der hier L a m a i s - mus genannt wird (vergl. §. 58, 5, Anmerk.). Der Oberpriester, der Dalai-Lama, regiert das Land (den asiatischen Kirchenstaat), steht aber unter dem Kaiser von China. Außer dem Dalai-Lama gibt es noch den Bogdo-Lama (s. oben). Ersterer wird wie ein Gott (der Buddha oder Fo) verehrt. Ganz Tibet ist das Heiligthum des Lamaismus. Die Beschäftigungen des Volkes sind Landbau, Viehzucht, Webereien und Waffenverfertigung. 3. Tibet wird eingetheilt in Groß-Tibet, Klein-Tibet und B u t a n. Lbassa, 80,000 Einw., Hauptstadt, hat 11,700' Meereshöhe, ist Sitz des Dalai-Lama, mit einem berühmten Tempel, zwei bohen Schulen, lebhaftem Handel. Lhassa ist ein zweites Rom für Mittelasien. Im Sommer wohnt der Dalai-Lama in Botala bei Lhaffa auf einem Berge in einem prächtigen Klosterpalast. Das Kloster ist vier Stockwerke hoch, hat 10,000 Zimmer und ein vergoldetes Dach. Ladakh, Hauptstadt von Klein-Tibet, nördlich am Himalaya, mit vielen Tempeln und Klöstern. Handel mit Kaschmirshawls. Tassisudon, Hauptstadt von Butan, süd- lich am Himalaya, mit Klöstern und Tempeln. Die Erforschung des innern Tibet. In den Jahren 1865 und 1866 unternahmen zwei indische Panditen (d. h. Schriftgelehrte, wissenschaftlich gebildete Männer) eine Entdeckungsreise nach Tibet. Die Reisenden überschritten die Pässe des Himalaya. Sie erfuhren, daß auf der ganzen Strecke von Lhassa bis Rudok eine ganze Reihenfolge von Goldfeldern vorhanden ist, der Route entlang, welche dicht an der nördlichen Wasserscheide des Brahmaputra hinläuft, wahrscheinlich in der Bodendepression nördlich von derselben. Diese Goldfelder sind nicht ohne erheblichen Einfluß für die gesellschaftliche und politische Zukunft dieser Gegend, sondern auch auf die Gegenden weiter nach Westen hin. Wie sieht es nun aus auf diesen tibetanischen Goldfeldern? Die Ebene ist weit und breit mit Zelten bedeckt, und es herrscht ein lustiges Leben dort auf einer Höhe von 16,330' über dem Meere. Die Goldgräber und ihre Frauen sangen munter bei der Arbeit trotz des scharfen, kalten Windes. Im Winter trägt jedermann Pelzkleider, und das Zelt bildet ein Dach über der Erdhöhle, in welcher jede einzelne Familie lebt und wo sie sich gegen Kälte und Sturm schützt. Die Leute arbeiten am liebsten während der Winter- zeit, weil der gefrorene Erdboden nicht nachstürzt. In den mehr als 600 Zelten, welche gesehen wurden, wird weder Kohle noch Holz gebrannt, denn diese fehlen; man muß sich mit getrocknetem Dünger behelfen, der überhaupt in Centralasien und in der Mongolei eine so große Wichtigkeit hat und ge- radezu unentbehrlich ist. Das Wasser ist sehr brakig und kann nur genossen werden, nachdem man es hat gefrieren lassen und dann das Eis schmelzen läßt. Alle Tibetaner schlafen in der Weise, daß sie die Knie bis ans Gesicht Traut, Lehrb. d. Erdkunde. 6
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