1870 -
Halle
: Schwetschke
- Autor: Traut, Heinrich Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Fortbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Das Chinesische Reich.
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Fleiß angebaut. Goldlager. Das Klima bietet starke Gegensätze dar,
größtentheils kalt, die Getreideernte findet oft unter Schneegestöber statt.
2. Die Tibetaner bilden den Uebergaug von der kaukasischen zur
mongolischen Race. Sie bekennen sich zum Buddhismus, der hier L a m a i s -
mus genannt wird (vergl. §. 58, 5, Anmerk.). Der Oberpriester, der
Dalai-Lama, regiert das Land (den asiatischen Kirchenstaat), steht
aber unter dem Kaiser von China. Außer dem Dalai-Lama gibt es noch
den Bogdo-Lama (s. oben). Ersterer wird wie ein Gott (der Buddha
oder Fo) verehrt. Ganz Tibet ist das Heiligthum des Lamaismus.
Die Beschäftigungen des Volkes sind Landbau, Viehzucht, Webereien
und Waffenverfertigung.
3. Tibet wird eingetheilt in Groß-Tibet, Klein-Tibet und
B u t a n.
Lbassa, 80,000 Einw., Hauptstadt, hat 11,700' Meereshöhe, ist
Sitz des Dalai-Lama, mit einem berühmten Tempel, zwei bohen Schulen,
lebhaftem Handel. Lhassa ist ein zweites Rom für Mittelasien. Im
Sommer wohnt der Dalai-Lama in Botala bei Lhaffa auf einem Berge
in einem prächtigen Klosterpalast. Das Kloster ist vier Stockwerke hoch,
hat 10,000 Zimmer und ein vergoldetes Dach. Ladakh, Hauptstadt
von Klein-Tibet, nördlich am Himalaya, mit vielen Tempeln und Klöstern.
Handel mit Kaschmirshawls. Tassisudon, Hauptstadt von Butan, süd-
lich am Himalaya, mit Klöstern und Tempeln.
Die Erforschung des innern Tibet.
In den Jahren 1865 und 1866 unternahmen zwei indische Panditen
(d. h. Schriftgelehrte, wissenschaftlich gebildete Männer) eine Entdeckungsreise
nach Tibet.
Die Reisenden überschritten die Pässe des Himalaya. Sie erfuhren, daß
auf der ganzen Strecke von Lhassa bis Rudok eine ganze Reihenfolge von
Goldfeldern vorhanden ist, der Route entlang, welche dicht an der nördlichen
Wasserscheide des Brahmaputra hinläuft, wahrscheinlich in der Bodendepression
nördlich von derselben. Diese Goldfelder sind nicht ohne erheblichen Einfluß
für die gesellschaftliche und politische Zukunft dieser Gegend, sondern auch auf
die Gegenden weiter nach Westen hin.
Wie sieht es nun aus auf diesen tibetanischen Goldfeldern?
Die Ebene ist weit und breit mit Zelten bedeckt, und es herrscht ein lustiges
Leben dort auf einer Höhe von 16,330' über dem Meere. Die Goldgräber
und ihre Frauen sangen munter bei der Arbeit trotz des scharfen, kalten Windes.
Im Winter trägt jedermann Pelzkleider, und das Zelt bildet ein Dach über
der Erdhöhle, in welcher jede einzelne Familie lebt und wo sie sich gegen
Kälte und Sturm schützt. Die Leute arbeiten am liebsten während der Winter-
zeit, weil der gefrorene Erdboden nicht nachstürzt. In den mehr als 600
Zelten, welche gesehen wurden, wird weder Kohle noch Holz gebrannt, denn
diese fehlen; man muß sich mit getrocknetem Dünger behelfen, der überhaupt
in Centralasien und in der Mongolei eine so große Wichtigkeit hat und ge-
radezu unentbehrlich ist. Das Wasser ist sehr brakig und kann nur genossen
werden, nachdem man es hat gefrieren lassen und dann das Eis schmelzen
läßt. Alle Tibetaner schlafen in der Weise, daß sie die Knie bis ans Gesicht
Traut, Lehrb. d. Erdkunde. 6