1870 -
Halle
: Schwetschke
- Autor: Traut, Heinrich Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Fortbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Das Japanische Reich.
83
Die Einwohner sind gutmüthig und unerfahren im Gebrauche der
Waffen; Bekenner des Fo; stehen unter einem eigenen, dem chinesischen
Kaiser lehns- und zinspflichtigen Erbkönige, der jedoch auch in einem
abhängigen Lerhältniß zum Japanischen Reiche steht und an dasselbe eben-
falls Tribut entrichtet.
§. 59. Das Japanische Reich.
1. Das Kaiserthum Japan, mit 7027 Q..-M. und 35 Mill. Ein-
wohnern, besteht aus einer Gruppe von Inseln, die sich von der Halb-
insel Korea in einem Bogen bis zur Insel Karafta hinziehen.
2. Hohe Gebirgsketten vulcanischer Natur durchziehen diese durch
Wafferreichthum bekannten Inseln. Der Boden, mehr steinig und sandig,
ist im ganzen nicht besonders ergiebig. Das Klima ist nicht» so warm, als
man es bei der geographischen Breite vermuthen sollte. Im Sommer
ist feuchte Luft vorherrschend, daher und durch deu Fleiß der Bewohner
die Manigfaltigkeit der Produkte.
3. Das Land erzeugt Südfrüchte, Baumwolle, Reis, Weizen, Thee,
Tabak, Gold, Silber, Blei, Kupfer, Eisen rc. Acker-, Obst- und Garten-
bau, Seidenzucht, Fischerei und Bergbau werden in ausgedehnter Weise
betrieben und die Fabrikation von seidenen und baumwollenen Zeugen,
Porzellan, Metallgegenständen ist berühmt. Der Binnenhandel ist leb-
haft; der Exporthandel war früher durch die Absperrungen gegen das
Ausland unbedeutend, hat aber seit 1854 dadurch gewonnen, daß den
Nordamerikanern, Engländern, Russen, Franzosen, Holländern und Preußen
einige Häsen geöffnet worden sind.
Die vorzüglichsten Ausfuhrartikel sind: Thee, Reis, Baum-
wolle, Rohseide (14,000 Ballen), Kupfer, Porzellan, Glas, Lackwaaren.
Die jährliche Ausfuhr beträgt 16,- Mill., die Einfuhr 15 Mill. Thaler.
4. Die Staats ausgaben belaufen sich auf 240 Mill. Thaler,
Papiergeld 20 Mill. Thaler; das stehende Heer beträgt 120,000 Mann.
5. Die Bewohner Japans sind wahrscheinlich ein Gemisch mon-
golischer und malayischer Race. Sie sind ein in vielfacher Beziehung
gebildetes Volk, aber sehr stolz; der Befleckung der Ehre ziehen sie den
Tod vor und schlitzen sich den Bauch auf (— das Hara-Kiri). Sie be-
kennen sich meist zum Buddhismus.
Anmerk. Den Kern der buddhistischen Lehren unter den Japanesen enthalten
die folgenden Sätze:
Der Mensch ist aus nichts hervorgegangen und hat nichts Böses in sich. Die
Eindrücke der Außenwelt bringen erst das Böse hervor. Den menschlichen Körper be-
lebt eine Seele (als Ausfluß der Gottheit). Indem der Mensch den Winken der in
ihm verborgenen Gottheit folgt, mag er sich gegen die schädlichen Einflüsse der Außen-
welt schützen. Der menschliche Leib, aus nichts entstanden, kehrt durch den Tod in
nichts zurück; die Seele wird fortleben. Die des Bösen schwebt ewig im unendlichen
Raum, die des Guten läßt sich im Palaste des einzigen Gottes nieder, wo sie so lange
ruht, bis sie den Erdbewohnern (wenn sie der Hilfe guter Menschen bedürfen) unter
einer menschlichen Gestalt wieder zugesendet wird.
6. Früher herrschte ein geistlicher Kaiser, der Dairi-Soma (ähnlich
dem Dalai-Lama), jetzt steht ihm ein weltlicher zur Seite, der Kubo-
Soma; der erste hat göttliche Ehre, der zweite politische Gewalt.
Das Reich zerfällt m das Hauptland (das eigentliche Japan) und
in die Nebenländer.
6