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1. Theil 4 - S. 14

1880 - Stuttgart : Heitz
14 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich. den Arm nahm und dem Volke zeigte, war allgemeiner Jubel. Ein Band schien nun alle Franzosen zu umschlingen. Es war eine feierliche, herzerhebende Scene. Wer hätte nun nicht glauben sollen, daß ein neuer, schöner Morgen für Frankreich aufgegangen sei? Aber damit war den Orleans und ihren Gesinnungsgenossen nicht gedient, und die guten Wirkungen des gutgemeinten Festes wurden bald vereitelt. Die Nationalversammlung fuhr fort, das Gebäude der alten Verfassung einzureißen. Der Adel mit allen seinen Abzeichen wurde auf den Antrag des Herzogs von Noailles aufgehoben; jeder Franzose sollte den andern gleich sein und alle den Namen Bürger führen; die Geistlichkeit sollte eidlich versprechen, der neuen Verfassung treu zu sein. Auch dem Könige wurde ein Theil seiner Macht nach dem andern genommen; er war jetzt in den Händen der kühnen Volkshäupter und wurde nicht weiter geschont. Nur Mirabeau hätte helfen können; auch zeigte er sich wirklich geneigt; aber sein früher Tod machte auch diese Aussicht zunichte. Wie tief seine Macht gesunken sei, erfuhr der König zu seinem Schrecken am 18. April 1791. An diesem Tage wollte er sich nach dem Schlosse von St. Cloud begeben, um dort, wie gewöhnlich, mit den Seinigen die Osterfeiertage zuzubringen und das heilige Abendmahl zu genießen. Es hatte sich das Gerücht verbreitet, daß der König flüchten wolle. Dies benutzten der Herzog von Orleans und seine Anhänger dazu, die Majestät des Königs Mt Füßen zu treten. Alle Rollen dabei wurden den Tag vorher ausgetheilt. Um 11 Uhr Vormittags stieg der König mit seiner Familie in seinen vor den Tnilerien haltenden Wagen. Lafayette sollte ihn mit einer Abtheilung Reiterei der Bürgermiliz begleiten. In dem Augenblicke stürzte mit lautem Geschrei der Pöbel herzu und erklärte, er werde nicht zugeben, daß der König abreise; denn er wolle nur entfliehen. Lafayette befahl den Soldaten, den Pöbel auseinander zu treiben und dem Wagen Platz zu verschaffen; aber die Soldaten verweigerten ihm den Gehorsam. Er gerieth außer sich vor Wuth; der Bürgermeister eilte herbei und ermahnte das Volk zur Ruhe. Vergebens! Der König drohte und bat, die Königin weinte, aber der Pöbel und die Soldaten blieben bei ihrer Weigerung. Zwei Stunden vergingen über dem Hin- und Herreden; endlich blieb dem Könige nichts übrig als auszusteigen. „Man will also nicht zugeben, daß ich reise," sprach er; „gut, so bleibe ich denn, weil ich muß!" — Er beschwerte sich folgenden
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