Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Theil 4 - S. 23

1880 - Stuttgart : Heitz
Frankreich als Republik. 23 115. Schreckenszeit in Frankreich. In den folgenden Tagen nach der Gefangennehmung des guten Königs wurde von den Jacobinern eine solche Menge von Edelleuten, Geistlichen, Magistratspersonen und Gelehrten gefangen gesetzt, daß die gewöhnlichen Gefängnisse nicht mehr zureichten. Damit aber noch nicht zufrieden, beschloß die Versammlung auf Dantons*) Vorschlag, alle Häuser in Paris genau durchsuchen zu lassen, ob sich verdächtige Menschen darin befänden. Das war ein Geschäft für den unmenschlichen Robespierre. Die Thore wurden geschlossen, der Generalmarsch geschlagen, alle Straßen -mit Wachen besetzt und nun befohlen, daß jeder bei Todesstrafe von 6 Uhr an zu Hause sein müßte. Das war eine fürchterliche Nacht! In der ganzen Stadt herrschte Todtenstille, die nur durch den Tritt der Wachen und durch das Wimmern und Wehklagen der Familien, denen man geliebte Personen entriß, unterbrochen wurde. Dann wurde ein Blutrath niedergesetzt, die armen Gefangenen zu verur- *) Dieser Danton gehörte zu den größten Bösewichtern, welche die Revolution ausgebrütet hat. Er war ein Mann von kolossalem Körperbau, sein Antlitz von afrikanischem Typus und durch die Blattern entstellt, aber eben dieses Schreckhafte seiner Erscheinung, die Gewalt seiner Stimme und die Kühnheit seiner Rede machten ihn zu einem der ungestümsten Führer der Revolution — und doch war er noch nicht der ärgste. Marat und Robespierre machten ihm diesen Rang streitig; denn so empfindungslos sonst sein Herz war, so besaß er doch eine zärtliche Liebe für seine Mutter und seine Frau, und war seinen Freunden unverbrüchlich treu. Mit kaltem Blute konnte er Todesurtheile sprechen; aber als seine Frau aus Gram über seine Mordsucht starb, war er nahe daran, sich vor Kummer das Leben zu nehmen. Marat war ein häßliches Geschöpf, ein wahrer Orang-Utang von Gestalt, von verworfenen Sitten. Früherhin war er Arzt beim Grafen von Artois gewesen, jetzt aber einer der wildesten Cordeliers. Durch pöbelhafte Aufführung und schmutzigen Anzug suchte er dem gemeinen Volke zu gefallen. Im Convente erschien er gewöhnlich mit einem schmutzigen Schnupftuche, statt des Hutes um den Kopf gebunden. In seinen Flugschriften predigte er unaufhörlich Aufruhr, Raub und Mord. Robespierre im Gegentheil hielt auf Sauberkeit und'sorgfalt in seiner Kleidung, aber seine glanzlosen Augen und seine lauernde Physiognomie gaben ihm etwas Unheimliches und Abstoßendes. Ihn verzehrte das Feuer eines unersättlichen Ehrgeizes; was ihm da im Wege stand, räumte er mit Arglist oder mit Gewaltthat hinweg. Seine Sprache war schwerfällig und ging in der Hitze des Zornes in eine Art Geheul über; seine Talente waren gering, sein Geist ohne Muth und Kraft; und doch hat dies Ungeheuer ein Jahr lang Frankreich mit eisernem Scepter beherrscht.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer