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1. Theil 4 - S. 29

1880 - Stuttgart : Heitz
Verurtheilung des Königs. 29 ruhigen Landsitze nach der Stadt eilte. Freiwillig bot sich auch der 78jährige ehrwürdige Herr von Malesherbes dazu an, und beide nahmen noch einen jüngern Gehülfen, den Advocaten Deseze, dazu. Am 26. December wurden sie vor dem Convente gehört. Malesherbes war zu gerührt, um zu sprechen; nur Deseze las die lange Vertheidigung ab, zu welcher der König mit derselben Ruhe und Würde, wie das erste Mal, nur wenige Worte fügte. Als sie abgetreten waren, erhob sich wieder ein wüthender Kampf zwischen den Parteien im Convent. Die Maratisten wollten den König gleich verurtheilt wissen; die Girondisten widersprachen. So währte der Streit über die Art und Weise der Verurtheilung bis zum 17. Januar 1793. Die Jacobiuer hatten auf jeden Fall den Pöbel bewaffnet, der drohend den Versammlungssaal umgab; Kanonen wurden aufgefahren und die ganze Volksmasse war in Bewegung. Nur die Freunde des armen verlassenen Königs zogen sich in ihre Häuser zurück; ihr bloßer Anblick hätte sie in Todesgefahr gebracht. Es war von jeher üblich gewesen, daß, um einen Verbrecher zum Tode zu verurtheilen, zwei Drittel der Richter dafür stimmen mußten; sonst wurde ihm eine gelindere Strafe bestimmt. Aber die Maratisten konnten trotz aller Drohungsmittel nicht darauf rechnen, daß zwei Drittel der Conventsmitglieder für den Tod stimmen würden, und setzten daher durch, daß eine bloße Stimmenmehrheit auch hier entscheiden sollte. Auf jeden Fall hatten sie ihre Maßregeln so genommen, daß ihnen der König nicht entgehen konnte; denn wenn er losgesprochen wurde, so sollten die dazu bestellten Mörder in den Tempel dringen und die ganze Familie ums Leben bringen. Dazu kam es aber nicht; das Todesurtheil wurde ausgesprochen, freilich mit nur einer einzigen Stimme Mehrheit, denn von den 721 Mitgliedern der Versammlung stimmten nur 361 unbedingt für den Tod. Hoch jauchzten die Jacobiuer auf. Malesherbes hinterbrachte dem Könige zuerst die Trauerbotschaft. „Recht gut!" antwortete Ludwig; „so bin ich doch nicht länger lmgewiß." Als ihm erst am 20. Januar das Todesurtheil durch eine Deputation bekannt gemacht wurde, hörte er es gelassen an. „Man thut mir Unrecht," fügte er dann hinzu, „mich der Verrätherei zu beschuldigen; ich habe es immer gut gemeint und aufrichtig das Wohl meiner Mitbürger zu fördern gesucht." Dann bat er um einen dreitägigen Aufschub, um sich auf den Tod vorbereiten zu können, um einen Geistlichen und um eine Zusammenkunft mit seiner Familie. Das erste wurde ihm abgeschlagen, die
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