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1. Theil 4 - S. 436

1880 - Stuttgart : Heitz
436 Neueste Geschichte. 3. Periode. Rechtsordnung des Staates und den Befugnissen der Kirche festgestellt werden. Das Streben der Regierungen, diese Abgrenzung zu finden und zu sichern — dem gegenüber der Widerstand der Hierarchie gegen eine solche Regulirung — diese Gegensätze haben den Streit hervorgerufen, für welchen die Bezeichnung Culturkampf üblich geworden ist. An eine Verfolgung der Kirche und ihres Glaubens ist dabei nicht gedacht worden. Unleugbar ist dieselbe in große Bedrängnisse gerathen, allein diese Nothstände haben ihre Ursachen nur in dem Widerstande der Priesterschaft gegen die Staatsgewalt; sie würden mit dem Aufhören dieses Widerstandes von selbst wieder verschwinden. Am lebhaftesten und in der entschiedensten Weise ist der Culturkampf in Deutschland, in der Schweiz und in Italien geführt worden. In Deutschland herrschte im ersten Drittel des gegenwärtigen Jahrhunderts in der katholischen Bevölkerung eine friedliche Kirchlichkeit, welcher auch die Geistlichkeit in ihrer Mehrzahl sich anschloß. Die deutschen Katholiken waren auch in jenen Tagen ihrer Kirche und der Uebung des religiösen Bekenntnisses in voller Treue zugethan, aber jene straffe Spannung des kirchlichen Lebens, wie sie sich späterhin gestaltet hat, war nicht vorhanden. Es waltete ein verträglicher Sinn, welcher im Verkehr mit den Andersgläubigen sehr freundliche Verhältnisse zuließ, nicht selten sogar hervorrief, und welchem der Gedanke an einen Zwiespalt oder wohl gar an einen Kampf mit der weltlichen Obrigkeit und den Ordnungen der Staatsgewalt nicht nahe kam. Dieser friedliche Geist zog sich allmählich zurück, eine stark ultramontane Haltung des Klerus und mit ihr auch oppositionelle Regungen wurden fühlbar, noch aber rief das Verfahren der preußischen Regierung gegen die Erzbischöfe von Cöln und von Posen (siehe S. 184) ein schreckbares Aufsehen hervor, als diese Kirchenfürsten in Festungshaft abgeführt wurden, weil sie sich weigerten, den Anforderungen eines Staatsgesetzes zu genügen. Mit dem kurze Zeit darauf, 1840, eintretenden Thronwechsel in Preußen wurde das energische Verfahren gegen die bischöfliche Opposition wieder eingestellt. König Friedrich Wilhelm Iv. gewährte der katholischen Kirche große Nachsicht; für die Angelegenheiten dieser Kirche wurde im Cultusministerium eine besondere katholische Abtheilung gegründet. Nirgends wohl erfreute sich das römische Kirchenwesen einer so unabhängigen Bewegung wie im preußischen Staate.
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