1836 -
Leipzig
: Schumann
- Autor: Andree, Karl
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
203
lll. Kultur - Geographie.
und in manchen Landern gehen die verschiedenen Nassen^ dermaßen
in einander über, verschmelzen sich so sehr, daß nur ein geübtes Auge
weiß, wohin dieses oder jenes Individuum zu rechnen ist.
868. Besonders große Mannigfaltigkeit herrscht auf den
Südsee-Inseln, oft auf ein und demselben Eilande unter Menschen,
die gleiche Sprache reden; wahrend der eine Theil dunkele Farbe
hat, nähert sich ein anderer bedeutend dem Weißen an. Uebrigens
ist es eine allgemeine Erscheinung, daß die höheren Klassen bei allen
Völkern weniger dunkel gefärbt sind und edlere Gestalt haben als
die arbeitenden; manche Tahitier sind so hell, daß Nöthe durch ihre
Haut schimmert, und haben sogar zuweilen blondes oder braunes
Haar.
Sprachen.
§. 869. Die bedeutendste und oft die einzige Verschiedenheit,
wodurch ein Volk vom andern sich unterscheidet, die Sprache,
ist das richtigste ethnographische Kennzeichen. Gebildete Völker haben
eine Schriftsprache, die im rohen Zustande lebenden aber nicht.
Jede Sprache ist entweder eine Ursprache, d. h. eine ungemischte,
die sich aus sich selbst entwickelt hat, und einer unendlichen Fortbil-
dung fähig ist, wie die deutsche, oder sie ist eine Mang spräche,
d. h. aus verschiedenen andern Sprachen entstanden, und der Fort-
bildung nur bis zu einem gewissen Punkte fähig, wie z. B. die
englische, französische und viele andere.
§. 870. Ursprachen sowohl als Mangsprachen zerfallen in
Mundarten oder Dialekte, d. h. sie werden in ein und dem-
selben Lande vom Volke nicht überall auf gleiche Weise ausgespro-
chen, und weichen in manchen Wortstellungen, Redensarten rc. von
einander ab, ohne jedoch den Stamm der Hauptsprache, zu welcher
sie gehören, und als deren Modisicationen sie zu beobachten sind,
zu verlaugnen. Je höher ein Volk in der Bildung steigt, um desto
mehr pflegen die Dialekte zu verschwinden und die Eigenthümlich-
keiten verwischt zu werden. Ganz rein wird eine Sprache immer
nur von den gebildeten Klassen gesprochen. Dialekte können so ab-
weichend sein, daß Bewohner der verschiedenen Provinzen eines Lan-
des einander nur schwer verstehen, wie z. B. der Fall ist mit dem
Genueser und Sicilianer in Italien; dem Bewohner der Normandie
und dem Provenoalen in Frankreich; dem Holsteiner und dem Ober-
schwaben; dem Südengländer und dem Niederschotten rc. Sprachen,
die nicht geschrieben werden, wie es mit den meisten Dialekten
(manche werden allerdings geschrieben) der Fall ist, und die also
nicht gewissermaßen sixirt und gegen Willkür sichergestellt sind,
erfahren fortwährend große Veränderungen, besonders bei rohen und
nicht zahlreichen Nomadenstämmen, die überhaupt in geringem Ver-
kehr mit einander stehen, oder sich häufig bekriegen.
. . .8- , Aber auch die Schriftsprachen kultivirter Völker mo-
disiciren sich im Laufe der Zeit, entweder durch Fortbildung aus
sich selbst heraus,^ oder durch Aufnahme und Verarbeiten fremder
Elemente; durch äußere Umstände, z. B. Eroberungen, Auswande-
rungen, Entdeckungen, neue Erfindungen, Bekanntwerden mit neuen