1830 -
Hannover
: Hahn
- Autor: Volger, Wilhelm Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Marquesas Inseln.
pircairns Insel, 25« S., 247° O. Zm Jahre 1789 empörte sich die
Mannschaft eines Englischen Schiffes in der Südsee, setzte die Officiere in
ein Boot und segelte nach Otaheite, wo sie theils ermordet, theils gefan-
gen wurde. Der Anführer der Meuterer ging darauf mit 8 Gefährten und
20 Otaheitern, Männern und Frauen, wieder in See und kam nach dieser
Insel, wo er eine Colonie gründete. Nach einigen Jahren ermordeten
die Otaheiter alle Engländer bis auf Einen, verloren aber durch die Rach-
sucht der übrig gebliebenen Weiber ebenfalls ihr Leben. Nach fast 20 Jah-
ren fand ein Amerikanischer Capitain diese Colonie wieder. Sie bestand
im Jahre 1825 aus 65 Köpfen, die von dem einzig übrig gebliebenen Eng-
länder, John Adams, mit patriarchalischer Würde regiert wurden und
ein höchst sittliches und zufriedenes Leben führten, aber doch aus Furcht
vor einer möglichen Hungersnot!) die Insel zu verlassen wünschten. Die
Insel ist fruchtbar an Aams, Bataten, Kokospalmen u. a., hat auch Schweine
und Ziegen, welche letztere von dem Englischen Schiffe herstammen.
8) Die Marquesas (kesas) oder Mendana (danja) Inseln, eine der
bekanntesten Gruppen der Südsee, schon 1595 von Spaniern entdeckt und
auch in neueren Zeiten von verschiedenen Seefahrern besucht, aber erst
durch v. Drusenstern, der hier 1804 landete, genauer beschrieben. Sie
liegen zwischen und io£° S., 237 und 239° O. und zerfallen in zwei
Gruppen, deren nördliche 8 Washingtons oder Neu Marquesas, die süd-
lichen 5 eigentliche Marquesas Inseln genannt werden. Die Inseln
sind gebirgig, meistentheils mit schroffen Felsenküsten, haben höchst frucht-
bare Thaler und sehr milde Luft*). Selten fallt das Thermometer unter
ff 18° R. Eine der größten Plagen ist der bisweilen 9 bis 10 Monate
lang ausbleibende Regen, der dann ine schrecklichste Hungersnot!) erzeugt,
bei welcher selbst Menschen geschlachtet werden. Die Produkte haben nichts
Ausgezeichnetes. Schweine und Ratten, welche letztere von jenen gefressen
werden, scheinen hier die einzigen Saugethiere zu sein. Die E. sind durch
körperliche Schönheit von allen Südseebewohnern ausgezeichnet, zum Theil
durch Ebenmaaß der Glieder wahre Muster, von fast Europäischer Haut-
farbe, welche die Weiber sorgfältig gegen die Sonnenstrahlen zu schützen
suchen. Die Kunst des Tattowirens ist hier aufs Höchste getrieben und
die Vornehmsten sind zum Theil an jedem Theile des Körpers voll regel-
mäßiger Figuren. In geistiger Hinsicht steht diese so schöne Menschenart
sehr tief. Die E. verschiedener Thaler leben im fast beständigen Kampfe,
essen die erschlagenen Feinde, schlachten aber auf Antrieb der Priester auch
Andere und greifen oft bloß zu diesem Zwecke andere Thaler an. Derje-
nige, welcher einen Feind getödtet hat, genießt sogleich das Blut und Ge-
hirn des Erschlagenen. Bei Hungersnot!) werden Weib und Kind ge-
schlachtet. Eine Frau bot selbst zur Zeit des Überflusses ihr saugendes
Kind den Russen zum Verkauf an. Es giebt Häuptlinge, welche aber we-
*) Das hier Gesagte bezieht sich freilich zunächst auf die Hauptknsel
der ersten Gruppe, gilt aber wahrscheinlich von allen übrigen.
Volger's Handb. d. Geograph. 2te Aust. 64