1855 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die Westalpen.
bäche bilden mit ihren reichen Wasserschätzen die nie versiegende Quelle der
schiffbarsten Ströme Mitteleuropas, welche im heißen Sommer daher ihre
reichsten Spenden erhalten, zum Ersatz für das, was die niedrigen Berge
und Hügel alsdann versagen, wodurch eine fortwährende Gleichmäßigkeit der
Wafferfülle entsteht.
Die längsten und bedeutendsten Thäler folgen der Richtung
der Hauptketten von S.-W. nach N.-O., so die großen Längen-
thäler der obern Rhone, des obern Rheins, des Inns, der Drau,
Sau. . Hier sammeln sich die Alpengewässer nicht blos aus den
Hauptthälern, sondern auch aus den engen, oft wilden Seiten-
thälern oder Querthälern, um sich in vier großen Strömen:
Rhein, Rhone, Po, Donau und einem von mittlerer Größe,
der Etsch, außerhalb des Alpensystems dem Meere zuzuwenden.
Die (etwa 40) großen Alpenthäler sind ebenso viele an Naturformen,
Produkten und Bewohnern von einander verschiedene Gaue und zugleich die
großen Heer- und Völkerstraßen, an denen zahlreiche Ortschaften liegen.
Den Uebergang der Straße aus einem Hauptthale in ein anderes auf dem
entgegengesetzten Alpenabhange bilden die tiefsten Einsenkungen des Kammes
oder die Alpenpässe, theils Saumpfade, theils die großartigsten Wunder-
werke des Wegebaus. Die Pässe sind in den Alpen, im Vergleich mit an-
dern Hochgebirgen, am zahlreichsten (mehr als 30) und bequemsten (am
niedrigsten in den Ostalpen).
Kunststraßen über solche Alpenpässe erfordern ausgedehnte Fels-
sprengungen, hoch aufgethürmte Terrassen, zahlreiche Brücken, welche den
Weg bald auf dieses, bald auf jenes Ufer hinüberleiten, hohe Dämme,
lange Felsgalerien (eine Art Tunnels) zum Schutz gegen Lawinen und vom
Winde fortgeschleuderte Steinmassen, Zufluchtshäuser für Reisende und Fracht-
wagen bei stürmischem Wetter oder wenn Lawinen Tage lang die Straße
sperren. Auf der Paßhöhe bieten einzelne Häuser oder größere Hospize
(aus dem Gr. Bernhard, dem Simplon, dem Cenis) Schutz- und Ruhe-
stätten. — Die meisten Pässe liegen in einer Höhe von 6000 — 7000' über
dem Meere; die höchste Kunststraße oder die über das Stilssser Joch 8600',
der Brcnnerpaß in Tirol nur 4600 ', der Sömmering 3200', daher über
den letzter» auch der erste Uebergang vermittelst einer Eisenbahn versucht
worden ist.
Iii. Beschreibung der Hauptkettcn.
1. Die Westalpen, von dem Mittelmeere zwischen den Gol-
fen von Genua und Lyon bis zum Montblanc, ziehen sich in der
Richtung von S. nach N. mit zunehmender mittlerer Kammhöhe
(von 6000 — 9000 I und einer Gipfelhöhe von 7000—130000
Der Westabhang ist bei weitem breiter als der weit steilere Ost-
abhang.
Dieser kleinste Hauptflügel der Alpen zerfällt wieder in drei Glieder:
a. Die Meeralpen vom Meere bis zum Monte Viso oder zur
Quelle des Po.