1867 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
247
des hohen Sudan, welche als Handelsleute, Priester und Handwerker durch
alle Nachbarländer sich verbreitet haben und nach den Fulah die mächtigsten
sind; die Ashanties auf dem Südrande von Hochsudan, welche an den Küsten
so angesehen sind, wie die Fulah im Innern, und selbst von den Europäern
gefürchtet werden. Alle Negervölker gehören der passiven Menschenklasse an.
Druck und Knechtschaft erduldet die Mehrzahl unter ihnen theils von den
despotischen Fürsten, theils von ihren Stammesverwandten, mit denen sie in
den blutigsten Kriegen leben, theils von den Feinden ihrer Menschenwürde,
den Sklavenhändlern Amerikas. Man kann sich keine zu gräßliche Vorstel-
lung machen von den Leiden und Mißhandlungen, welchen die Neger oft
ausgesetzt sind. Man hat berechnet, daß alljährlich an 200,000 Sklaven
ausgeführt werden.*) Wie viele Tausende aber den Fetischen alljährlich ge-
opfert, wie viele von den eignen Stammesverwandten geschlachtet und gefressen
werden, das zu berechnen, reichen die näheren Nachrichten nicht aus; ihre
Zahl übersteigt aber jedenfalls die der ausgeführten Sklaven.
Die Kasfern unterscheiden sich von den andern afrikanischen Völkern
durch ihre Körperbildung und Hautfarbe. Sie sind von ausgezeichneter Größe,
Stärke, und von besonderem Ebenmaße der Glieder, haben eine grauschwarze
Hautfarbe und schwarzes, krauses, aber nicht wolliges Haar. Sie zerfallen
in die westlichen Stämme oder Betschuanen im innern Hochland, und in die
östlichen oder eigentlichen Kasfern von der Grenze des Caplandes bis zur
De Lagoa Bai. Die Kasfern haben gute geistige Anlagen, und unterscheiden
sich darin von den Aethiopern; sie sind kriegerisch, mäßig gastfrei, und führen
nicht um des Sklavenhandels, der ihnen unbekannt ist, sondern um Heerden
und Weideplätze Kriege mit einander und mit den Nachbarn. Sie rechnen
nach Rindern.
Die Hottentotten haben mit den Negern die wulstigen Lippen, die platte
Nase und das krause Haar gemein, unterscheiden sich aber durch die Haut-
farbe, die Gesichtsbildung und die engen Augenliederspalten von denselben.
Ihre Hauptfarbe ist gelbbraun, ihre Backenknochen und die aus einander
stehenden Augen erinnern an die mongolische Race. Sie sind die Ur-
bewohner des Caplands, gehen aber ihrem Untergange entgegen. Die außer-
halb des Caplands wohnenden Stämme schätzt man auf 3000 Familien;
die bei den europäischen Ansiedler Zurückgebliebenen haben das Christenthum
angenommen. Zu den ersteren gehören auch die Buschmänner im östlichen
Tafellande, die roheste und wildeste Völkerschaft in Afrika. Sie haben keine
Hütten, sondern ruhen in einer Art von Nest, welches aus den Zweigen
*) Wenn ein Sklavenhändler — Fleisch, d. h. Sklaven, braucht, so wendet er
sich an einen Negerhäuptling. Dieser überfällt in der Nacht ein Dorf, umzingelt
es, tobtet die Widerstand Leistenden, die Alten und Kranken, und führt nun alle
Uebrigen als Sklaven zur Meeresküste. Die Schwächlichen werden den bösen Geistern
geopfert. Ein König der Ashanties machte in einem Kriege 20,000 Gefangene; da-
von opferte er 2000, 10,000 verkaufte er, die Uebrigen ließ er wegen Mangel an
Lebensmitteln erschlagen. Die Behandlung der Neger auf dem Wege zur Küste ist
unmenschlich; mit Peitschenhieben treibt man die Unglücklichen, welche an einander
gekettet sind, in der glühendsten Hitze, oft ohne Wasser und Brot, vorwärts. Wer
nicht mit kann, dem wird die Gurgel durchschnitten. Wie Häringe packt man zuletzt
die Besten in ein Schiff, und führt sie heimlich nach Amerika.