1867 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Orte der Erde höher, als einem andern stehen, sonst würden die höher
stehenden Theile nach den niedern fließen und sich ins Gleichgewicht setzen.
Aber wenn alle Theile der Oberfläche des Meeres gleich weit von einem
gemeinschaftlichen Mittelpunkt sind, so muß die Gestalt des Meeres die der
Kugel sein, weil nur bei einer Kugel alle Theile der Oberfläche gleich weit
vom Mittelpunkt entfernt sind." Aristoteles dachte sich aber diese Erdkugel
frei in der Luft schwebend und unbeweglich.
Einen bedeutenden Fortschritt in der Himmelskunde niachten die alexandri-
nischen Gelehrten. Schon Ercitostheues (240 v. Chr.) lehrte, das Weltge-
bäude drehe sich uni eine Achse, welche man als grade Linie vom Polarstern
durch den Mittelpunkt der unbeweglichen Erdkugel bis zum Südpol des
Himmels gezogen denken müsse. Ein Jahrhundert nach ihm lebte der Koper-
nikus der alten Welt, Aristarch von Samos; er behauptete, „die Erde drehe
sich um sich selbst und in einem schiefen Kreise um die Sonne." Abermals
100 Jahre später lebte der größte.astronom des Alterthums, Hipparch von
Nicaea; er bestätigte die Lehre des Aristarch und fand, daß die Erde keines-
wegs im Mittelpunkte der kreisförmigen Sonnenbahn stehe, daß die Tag-
und Nachtgleichen am Himmelsäguator von O. nach Wl fortrücken und daß
der Mond in seinen Bewegungen große Ungleichheit darbiete. Da sie aber
ihre Behauptungen mit zu wenig schlagenden Beweisgründen gegenüber der
festgewurzelten alten Ansicht unterstützen konnten, so gerieth die Wahrheit
allmählich in Vergessenheit, besonders da man aus falscher Ueberzeugung,
Etwas besser zu verstehen, die Lehren des Pythagoras, Aristoteles und der
Alexandriner, sowie ihrer Vertheidiger und Anhänger lächerlich zu machen
sich nicht entblödete. Die Folgerungen aus der Kugelgestalt der Erde, wo-
zu auch die Lehre von den Antipoden (S. 9) gehörte, waren es insbeson-
dere, welche den römischen Dichter Lnkretius (50 v. Chr.) und den griechi-
schen Geschichtschreiber Plntarch (50 n. Chr.) veranlaßterr, sich über die
Philosophen lustig zu machen, welche lieber die Menschen taumelnd und wie
Betrunkene schief und nach allen Richtungen von einander abweichend und
gleich Eidechsen und Maden am untern Theil der Erde kriechen lassen wollen,
als ihren närrischen Vorstellungen zu entsagen.
Um 130 n. Chr. trat der letzte große Astronom des Alterthums auf,
Ptvlemiius aus Pelusium in Aegypten. Aus der Grundlage der damals all-
gemein herrschenden Ansicht sammelte er in seinem Werke, welches in der
arabischen Uebersetzung „Almagest" heißt, die Lehren der Astronomen, und
bildete daraus „das Lehrgebäude des ptolemäischen Systems." Die Grund-
züge desselben sind: Die Erde steht im Weltall still in der Mitte von
mehreren eoncentrischen Kreisen oder Sphären (Hohlkugeln), in welchem sich
der Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter und Saturn, die 7
Planeten der Alten, bewegen. In der achten Sphäre bewegen sich alle
Fixsterne. Eine 9. und 10. nahm er an, um die von Hipparch gefundene
Präeession (Vorrücken) der Tag- und Nachtgleichen zu erklären, und endlich
noch eine 11., welche als primum mobile alle andern umschloß und alle
10 innern Sphären jeden Tag von O. nach W. um die stillstehende Erde
herumführte. Dadurch erklärte er die Entstehung von Tag und Nacht;
um aber die Jahreszeiten erklären zu können, mußte er der Sonne noch
in ihrer Sphäre eine eigenthümliche, schraubenförmige jährliche Bahn zuer-