1867 -
Münster
: Theissing
- Autor: Meurer, Hubert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Besondere Geographie von Europa.
waren von allen Staatsämtern ausgeschlossen und durften selbst nicht einmal
in das irische Parlament gewählt werden; am 1. Januar 1801 wurde sogar
das irische Parlament aufgelöst und mit dem englischen verbunden.
Zwar ist es nach den heftigsten Kämpfen, in denen sich ganz besonders
Daniel O'connell unsterbliche Verdienste um sein geknechtetes Vaterland er-
worben hat, 1829 den Iren gelungen, die Gleichstellung der Katholiken mit
den Protestanten in bürgerlichen Rechten zu erringen, zwar finden sie in der
freien Uebung ihrer Religion eben so wenig, wie die Katholiken in England,
von Staatswegen noch die frühern Hinderuisse, aber die vormals geschehene
Beraubung dauert fort und die Iren sehen sich in großen Massen gezwungen,
ihr Vaterland, woran sie mit rührender Liebe hangen, zu verlassen, um nicht
des Hungertodes sterben zu brauchen.
Die Zahl der Protestanten in Irland beträgt nicht 1 Mill. Seelen,
kaum mehr als % Mill. davon sind Anglikaner. Aber diese sind Inhaber
des gesaminten Kirchenvermögens, aller Kirchen, Schulen und sonstiger Besi-
tzungen der alten Kirche, 31 anglikanische Bischöfe und eine entsprechende An-
zahl Rektoren (Pfarrer), Küster und Lehrer ziehen die Früchte desselben, die
sie meisteutheils in England oder im Auslande verzehren*). Das geringste
Einkommen eines anglikanischen Bischofs beträgt 6000 Pf. St. (40,000 Thlr.),
das bedeutendste über 12,000 Pf. St. Die Katholiken haben ihnen den Zehn-
ten, Gebüren ec. zu entrichten, wiewohl sie selbstredend keine kirchliche Dienste
von ihnen beanspruchen; dahingegen haben die mehr als 4 Mill. Katholiken
für ihre 4 Erzbischöfe**), 24 Bischöfe, ihre Pfarrer rc>, die ohne festes Ein-
kommen sind, außerdem zu sorgen. Fort und fort wird Irland von England
mißbraucht, unr seine Söhne mit irischem Fette zu mästen, während die Ir-
länder selbst kaum das Leben fristen können.
In der langen Periode der Unterdrückung von Elisabeth bis Wilhelm
von Oranien ist nämlich der Grund und Boden von fast ganz Irland auf
die ungerechteste Weise den rechtmäßigen Eigenthümern entzogen und frem-
den Colonisten, namentlich Engländern und Holländern übergeben. So sind
Fremde die Grundeigenthümer (Uuuck1orä8), die ursprünglichen Besitzer aber
Pächter (tsimntg) geworden; diese müssen arbeiten und hohe Pacht zahlen,
welche von jenen größtentheils außerhalb des Landes (Absenters) verzehrt
wird. Dazu sind die Pachten oft so klein, daß eine vernünftige, ergiebige
Ausnutzung nicht einmal möglich ist. Darf man sich unter solchen Verhält-
nissen wundern, wenn der irische Pachter die Lust und die Kraft nicht besitzt,
die Verbesserung des Bodens zu versuchen, seine Cultur zu erhöhen? Darf
*) Die Gesammteinnahme wird zu 734,000 Pf. St. d. i. 5,138,000 Thalern
angegeben.
**) Irland bat gegenwärtig 4 Kirchensprengel nach den 4 Provinzen des
Landes, nämlich Ulster mit dem erzbischöflichen Sitz zu Armagh, Leinster mit dem
Sitz zu Dublin, Munster, dessen Vorsteher Erzbischof von Cashel und Administra-
tor von Emly heißt, und Connaught mit seinem Sitz zu Tnam.