1837 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Dittenberger, Theophor Friedrich, Nägele, Franz Karl
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Europ a. Deutsch laud. 555
Deutschland.
a. Historische Uebersicht.
Die alten Vewobner des deutschen Vaterlandes (Germanen,
Teutonen), ein kräftiges, biederes, bildsames, freiheitsliebendes
lind kriegerisches Geschlecht, wurden im Jahr 112 v. Chr. zu-
erst den Römern bekannt, da eine große, kriegerische Masse der-
selben unter dem Namen der Cimbern und Teutonen an den Al-
pen erschien, die siegreichen römischen Heere überwältigte und
nach Italien einzudringen suchte. Doch hier stellte sich ihnen
C. Marius entgegen, und schlug die Teutonen bei Aguä Se^tiä
(101) und die Cimbern (102) bei Verona. In Gallien traf
Julius Cäsar (58 v. Chr.) mit den Germanen zusammen, von
denen sich ein Theil daselbst unter ihrem Anführer Ariovist scst-
gesezt hatte, der aber von Cäsar zurückgedrängt wurde. Seit
dieser Zeit suchten die Römer auch über die Gauen des deut-
schen Volkes ihre Herrschaft auszubreiten; Festungen wurden am
Rheine angelegt, Eroberungszüge unternommen, die Deutschen
für den römischen Kriegsdienst angeworben, die Feldherrn Dru-
suö und Tiberiuö drangen bis an die Elbe vor und suchten
deutsche Stämme für römisches Jutereffe und Bildung mehr durch
List als Gewalt zu gewinnen. Doch scheiterte dieses Unterneh-
men mit den gewaltsamen Versuchen des Varuö gegen deutsche
Sitte und Verfassung. Es erhob sich unter der Leitung des
Chernskerhäuptlings Armin (Hermann) ein Aufstand, in Folge
dessen Varuö mit den römischen Legionen (9 n. Ehr.) durch die
Schlackt im Teutoburgerwald vernichtet ward.
Die errungene Freiheit zu behaupten, bildeten sich jezt Völ-
kervereine in Deutschland, durch die trotz mannigfacher innerer
Unruhen nicht nur die Unabhängigkeit gesichert, sondern auch
die Lust zu Angriffen nach aussen geweckt wurde. So entstanden
seit dem dritten Jahrhunderte die Völkervcreine der Gothen, Al-
lemannen, Franken und Sachsen, gegen deren Angriffe das
sinkende Rom alle Kraft aufbieten mußte, um seine Grenze zu
schützen. In dieser Zeit (um 400 n. Chr.) drangen die Hunnen gegen
Deutschland vor und cs begann dadurch jene furchtbare Bewe-
gung der Völker, mittelst deren der südliche und westliche Theil
Europa's eine neue Gestalt annahm, in welcher Deutschland
ein Theil des gewaltigen Frankenreiches wurde, bis es durch
den Vertrag von Verdün als selbstständiges Königreich hervor-
trat und in Ludwig dem Deutschen (843-76) seinen ersten Kö-
nig aus dem Geschlecht der Carolinger erhielt.
Deutschland umfaßte damals über 12,000 sshm. und ver-
größerte sich unter Ludwigs Regierung mit Basel, Straßburg,
Metz, Trier, Köln, Aachen, Utrecht und ihren Gebieten;
nach seinem Tod aber ward es unter seine drei Söhne getheilt
und seit 884 durch Karl den Dicken wieder mit Frankreich ver-
bunden, welcher jedoch 887 der Regierung für verlustig erklärt,